Action, Anti, Anarchie
Wenn eine Ausstellung im Untertitel „Theater” heißt, kann man solches auch bei der Eröffnung erwarten. Wenn es am Ende auch nicht wirklich gekracht hat, war die Veranstaltung doch eines „Rainer Werner Fassbinder”-Gedenkabends würdig. Fassbinder-Koryphäe Margit Carstensen kam, um über ihre Arbeit mit dem Meister zu sprechen. Die 72-Jährige sollte im Dialog mit Juliane Lorenz, Präsidentin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, ein paar Anekdoten auspacken. Das tat sie widerwillig. Nur war Fragestellerin Lorenz akustisch so schwer zu verstehen, dass sich viele hitzegeplagte Zuhörer frühzeitig in Richtung Hofgarten verkrümelten.
So unorganisiert und chaotisch es teilweise am Rednerpult zuging, so wirkt auf den ersten Blick auch die Konzeption von „Rainer Werner Fassbinder Theater”. Bereits im Eingangsbereich geht es wild zu: zwei großformatige historische Aufnahmen von Studentenprotesten und „Kommune 1” sowie Stellwände des Fassbinder-Clans im RAF-Fahndungsfotolook drücken plastisch die Triebfedern des unvergessenen Künstlers aus: Aufbruch, Ausbruch und Arbeitswut. Darum ging es in seinem Leben und auch in seinen häufig umstrittenen Theater-Inszenierungen.
Dabei kam der spätere Regiestar nur durch einen Zufall ans Theater. Beim Münchner Action-Theater wird ein Schauspieler krank, Fassbinder springt ein, und nicht mehr ab. „Katzelmacher” ist sein erstes Stück, 16 weitere folgen.
Dem atemlosen Tempo der Produktionen und der Ortswechsel wird die Ausstellung auch aus logistischen Gründen gerecht. Die Räumlichkeiten des Theatermuseums sind begrenzt, deswegen ballen sich im großen Saal die Schautafeln, Touchscreen-Monitore und Fotos. In wenigen Schritten springt man vom Actionzum Antitheater, von der (Kurz-) Arbeit in Bremen bis zum Intermezzo mit Peter Zadek in Bochum. Ein Info-Rausch mit pointierten Texten, klug bebildert mit dem Schwerpunkt auf Fassbinders Hang zu Posen. Und dazwischen ein herrlicher Treppenwitz: Fassbinders Filmhochschule-Prüfungsfragen – und -Antworten. Das hätte ihm wohl gefallen.
Deutsches Theatermuseum, Galeriestr. 9, Di bis So 10 bis 16 Uhr
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