Kritik

Giant Rooks: Aalglatter Stadionrock

Den Giant Rooks fehlt live im Zenith noch der letzte Kick
Christoph Streicher |
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Giant Rooks live im Zenith. Das Bild zeigt Sänger und Gitarrist Frederik Rabe
Jens Niering Giant Rooks live im Zenith. Das Bild zeigt Sänger und Gitarrist Frederik Rabe

Schon nach den ersten Songs hätte man die Bühne im Zenith samt Musikern am liebsten eingepackt und sie drüben ins Olympia-Stadion verfrachtet. Da gehören die Indie-Rocker Giant Rooks eher hin mit ihrem massentauglichen Stadionsound. Ein bisschen Mitklatschen hier, ein wenig "Oho" da und ein Frontmann der wie ein Flummi über die Spielfläche hüpft. Da könnte man sie doch fast in die Coldplay-Schublade stecken. Die haben vor 20 Jahren auch im Zenith angefangen und spielen im Sommer dreimal im Olympiastadion. Leider haben die fünf Jungs aus Hamm in Westfalen noch etwas mit Coldplay gemeinsam: die geringe Experimentierfreudigkeit in den Songs. Große Abwechslung hörte man selten. Aber warum auch experimentieren, wenn einem der Erfolg recht gibt? Nicht nur in München rockten die Jungs mit ihrer neuen Nummer-1-Scheibe "How Have You Been". Auch in London, Toronto oder New York steht der deutsche Musik-Export demnächst auf der Bühne.

Der Abend an der Isar zog sich etwas. Aus den eigentlich flotten Pop-Rock-Songs, die perfekt in eine Radio-Playlist passen, wurden lange Nummern gebastelt. Für die ersten zehn Songs brauchten sie über eine Stunde. Vielleicht ein wenig zu viel Stadionromantik. "Singt so laut mit, wie ihr könnt. Wenn ihr den Text nicht kennt, singt einfach etwas, was euch in den Kopf kommt", rief Frontmann Fred Rabe dem Publikum zu. Gut, dass die riesige LED-Wand im Hintergrund bei "Cold Wars" mit dem Songtext aushalf.

Doch jetzt mal abseits von fehlender Abwechslung. Die Hits sind klasse produziert. Feinsinnige, aber simpel auserzählte Texte von Hoffnung "Pink Skies", Verzweiflung "Nobody Likes Hospitals" oder dem schönen Leben "Somebody Like You".

Fast jeder Refrain hatte seine Art Hymne abbekommen. Getragen von schlau arrangierten Instrumenten. Schon nach den ersten Songs "For You" und "Heat Up" wurde klar, da stehen Vollblutmusiker auf der Bühne. Am Nachmittag machten die Jungs noch zwei Fans glücklich. Am Dianatempel im Hofgarten versteckten sie zwei Eintrittskarten für die lange ausverkaufte Sause. Freudentaumel bei zwei jungen Mädels, die den Hinweis am schnellsten fanden. So geht modernes Rockstar-Leben.

"Wir haben knapp drei Jahre am neuen Album gearbeitet. Bandmusik mit nur fünf Instrumenten ist unser Ding", rief Rabe in die Menge. Er sammelte ordentlich Schritte auf seiner Fitness-Uhr. Immer wieder rannte er die Bühne auf und ab oder kletterte aufs Klavier. Er drosch auf ein Tamburin, später auf eine Trommel und immer wieder auf die Saiten seiner Gitarre ein. Er spielte mit der Kamera, die seine langen durchgeschwitzten Haare noch mal extra in Großaufnahme zeigten. Da flogen Blumensträuße und Herzen auf die Bühne.

Auch mit seiner kraftvollen Stimme wusste er umzugehen. Mal mit extra Energie wie bei "Wild Stare" oder dann ganz weit entfernt vom Mikrofon mit coolem Hall-Effekt bei "What I Know Is All Quicksand". Genau wie seine Stimme verhallte auch der Abend. Viel hängen in den Gehörgängen blieb nicht. Es fehlte ein wenig an Profil und dem Extra-Kick. Eine überraschende Wende. Ein anders arrangiertes Stück. Kurzum: Ein Hammer aus Hamm hätte dem Konzert gutgetan.

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