40 Jahre Feierwerk: Münchner Talentschuppen feiert

München - Hier wird seit vier Jahrzehnten Geschichte geschrieben. Die Liste der Künstler, die im Feierwerk aufgetreten sind, ist lang: Michael Mittermeier, Kabarett Fernrohr, Main Concept, Absolute Beginner, Beyond Pleasure, Fettes Brot, Emil Bulls, Sportfreunde Stiller, Blumentopf, Guano Apes, The Notwist, Cro, die Spider Murphy Gang, Rocko Schamoni, White Stripes, Die Sterne und Franz Ferdinand haben dem Publikum hier unvergessene Abende beschert.
40 Jahre Feierwerk: Hier wird Kultur lebendig gemacht
Ein fester und dennoch lebendiger Fels im Austausch und der Praxis des Münchner Kulturlebens wird 40 Jahre alt. Seit 1983 bietet dieser Ort ein breites Angebot für sämtliche Altersgruppen, Konfessionen und Menschen aus allen Kulturen.

Bands, Theatergruppen, darstellende und bildende Künstler, Radiomoderatoren, Kabarettisten, DJs, Artisten, Tanzformationen, und Poeten aller Geschlechter finden im Feierwerk offene Ohren für Projekte, Konzertvorhaben oder Zusammenschlüsse. Hier wird Kultur lebendig gemacht, hier werden junge Künstlerinnen und Künstler unterstützt.
Feierwerk-Geschäftsführer Ernst Wolfswinkler: "Waren ja selber Teil der jungen Szene"
Die Grundhaltung vom Feierwerk-Team ist, ohne Dogma und Ideologie verschiedenartige Kulturen in ihrer Eigenständigkeit und Dynamik zu unterstützen und dabei ständig neue Anregungen aufzunehmen. Zugehörigkeit wird ermöglicht und gefördert, unabhängig von Alters- und Generationsgrenzen.
Ernst Wolfswinkler ist quasi seit Beginn dabei und arbeitet bis zum heutigen Tag als Geschäftsführer: "Die meisten Leute kommen ins Feierwerk, um bei einem Konzert oder einer Kulturveranstaltung in einer entspannten, friedlichen Atmosphäre einen schönen Abend zu erleben. Es gab Anfang der 1980er Jahre ein starkes Bewusstsein in der Stadt, speziell im Jugendkulturwerk, dass es Auftrittsorte für die jungen Bands braucht. Damals fanden Demonstrationen mit Musikern statt, um auf den Mangel an Übungsräumen und Livebühnen aufmerksam zu machen. Da haben laute Bands am Marienplatz gespielt, was dazu geführt hat, dass sich ernsthaft mit dem Problem auseinandergesetzt wurde. Daraus ist das Feierwerk entstanden, das ist im Prinzip unsere Gründungsgeschichte. Erst als Rockzelt, also ein Zirkuszelt mit Livemusik, und seit 1983 dann der Verein. Wir waren ja damals selber Teil der jungen Szene, deshalb ist es uns leichtgefallen, gemeinsam mit dem Feierwerk zu wachsen."
Wolfswinkler: "Proberäume im eigentlichen Sinn gab es im Feierwerk nie"
Das Ziel war, eine feste Räumlichkeit zu finden. Es wurde eifrig nach passenden Objekten gesucht. Die ehemaligen Betriebsgebäude der Firma Leonhard Moll AG an der Hansastraße standen leer, das war natürlich genial.
"Als wir das allererste Konzert in der Hansa 39 gemacht haben, war das in einem weißen Vortragsraum mit Filzteppichboden, braunen Vorhängen an den Wänden und einer aufgehängten Decke für die Verbesserung der Akustik", erinnert sich Ernst Wolfswinkler.

"Erst im Lauf der Jahre kam dann Equipment und Wissen dazu und wir haben laufend versucht, uns zu verbessern. Proberäume im eigentlichen Sinn gab es bei uns zwar nie, aber die Bands haben bis heute die Möglichkeit, vor ihren Auftritten – sofern es die Zeiträume zulassen und keine anderen Veranstaltungen stattfinden – zwei, drei Tage hintereinander auf unserer Bühne üben zu können. Technik und Ausstattung ist ja im professionellen Umfang vorhanden."
Kurz darauf entstand die "Lokomotive", ein Veranstaltungsraum für Kabarett und Satire. Dort haben viele heute sehr bekannte Kulturschaffende ihre ersten Auftritte gehabt bzw. ihr Können verfestigt. Sissi Perlinger, Michael Mittermeier und Kabarett Fernrohr um Andreas Rüttenauer, Helmut Schleich und Christian Springer.
Kabarettist Helmut Schleich: "Wer weiß, ob ich jemals beim Kabarett gelandet wäre?"
Helmut Schleich erinnert sich: "Die Gründung vom Feierwerk fällt zusammen mit meinen Anfängen als Kabarettist. Hätte Norbert Erhard auf der 1200-Jahr-Feier von Schwabing damals diese Schüler nach ihrem Kabarett-Auftritt auf der Münchner Freiheit nicht angesprochen und gefragt, ob sie sich eine Tournee durch Münchner Schulen vorstellen könnten, wer weiß, ob ich jemals beim Kabarett gelandet wäre? Etliche Jahre lang war der Auftritt von Kabarett Fernrohr auf dem Feierwerk-Fest in der LOK geradezu Kult. Das waren coole Zeiten, als der ganze Innenhof in der Hansastraße noch unbebaut war und dort ein gewaltiges Sommerfestival stieg. Ein Tollwood ohne Kommerz. Eine langjährige Verbindung braucht freilich auch einen Skandal. Den hatten wir 1994 zusammen mit Radio Feierwerk nach einem Beitrag über unser damaliges Programm 'Die geile Messe'. CSU und BLM waren empört. Gemeinsam haben wir auch das durchgestanden. Auch unser letzter gemeinsamer Auftritt als Kabarett Fernrohr fand im Feierwerk statt. Ein Revival, ganze elf Jahre nachdem wir uns aufgelöst hatten. Das war 2008, anlässlich von 25 Jahren Feierwerk."
Neben Projekten und Einrichtungen wie dem Radio Feierwerk, dem Farbenladen (einem Ausstellungsraum für junge Pop- und Szenekultur), dem 850 Quadratmeter großer Skateplatz an der Hansastraße, der Fachstelle Pop (einer Anlaufstelle zur Förderung, Vernetzung und Interessenvertretung der popkulturellen Szenen in München), vielen politischen, pädagogischen und sozialen Einrichtungen gab es jahrelang das legendäre Sommerfest mit bis zu 15 000 Besuchern, Wurfbuden, Hau-den-Lukas, zahlreichen kulinarischen Angeboten und Kunst in jeder Form.
Feierwerk-Chef Wolfswinkler: "Wenn die Musik interessant ist, findet sie ihren Platz"
Ernst Wolfswinkler sagt: "Rund um die Musik wollten wir Workshops und Wissen über das anbieten, was Bands, Musikerinnen und Musiker vorwärtsbringt. Gleichzeitig wollen wir ein abwechslungsreiches Programm bieten. Glücklicherweise bekommen wir als städtisch unterstützte Einrichtung Zuschüsse. Das bietet uns die Möglichkeit, auch Sachen zu veranstalten, die sich ein kommerzieller Veranstalter nicht leisten kann. Wenn die Musik interessant ist, findet sie ihren Platz, auch wenn die Hütte nicht immer ausverkauft ist."
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: "Mein Herz gehört dem Feierwerk"
Münchens zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden verbindet viele private Erinnerungen mit dem Feierwerk: "Seitdem ich in München lebe, liebe ich das Feierwerk, das war im Jahr 2002. Für den Biergarten, die entspannte Atmosphäre, dafür, dass hier Platz für alle ist. Aber natürlich in erster Linie für die einzigartige Konzertvielfalt. Mittlerweile ist das Feierwerk ja so viel mehr als nur mein Lieblingsort an der Hansastraße. Zuletzt habe ich bei Porridge Radio hier so richtig gefeiert. Mein Herz gehört dem Feierwerk."
Wolfswinkler: "Wir versuchen, allen Menschen ein Forum zu geben"
An Wochenenden überlegten sich junge Leute bezüglich ihrer Abendgestaltung: Kino? Kneipe? Club? Oder gleich ins Feierwerk! Ob für ein Konzert, Künstler zu treffen, zum Tanzen oder einfach nur, um Bier zu trinken und zu ratschen. Der Eintritt ist stets günstig oder manchmal sogar frei, jeder fühlt sich wohl, manche Menschen kommen einfach vorbei, ohne das Programm zu kennen. Irgendwas ist immer los im Feierwerk.
Ernst Wolfswinkler sagt: "Die Szene ist ja sehr lebendig. Manche jungen Leute stehen am Rand, sind oft sehr energiegeladen, wollen sich austoben oder einfach etwas ausprobieren. Gerade in der Pubertät lernen wir Menschen ja viel, nicht nur im Umgang mit Geschwistern, Eltern oder Mitschülern. Und da ist natürlich ein künstlerisches Umfeld eine große Chance. Wir wissen auch, dass wir mit einzelnen jungen Leuten besonders sensibel umgehen müssen. Wir versuchen, allen Menschen ein Forum zu geben."
Wofür steht das Feierwerk? "Die Sprache ist unser Transportmittel"
Wer im Feierwerk etwas bewegen will, findet hier Räume zum Zuhören, Zusehen, Mitmachen, Auftreten, Produzieren, Wachsen, Dazulernen, Umsetzen und Präsentieren. Der Dialog an den Schnittstellen zwischen Kultur, Wirtschaft, Politik, Sozialem und jugendspezifischen Thematiken wird aktiv gelebt. Gibt es mal Probleme, werden die gemeinsam angegangen und meistens gelöst.
"Das Leben ist nicht immer ein Zuckerschlecken, das Bewältigen von Konflikten und Frustrationen benötigt auch ein gewisses Handwerkszeug, um auf eine vernünftige Art und Weise bewältigen zu können", sagt Ernst Wolfswinkler. "Die Sprache ist unser Transportmittel, und wir sind durch die intensive Zusammenarbeit mit vielen Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und gesellschaftlicher Hintergründe, die aus allen Ländern der Welt stammen, sehr nah dran. Dadurch entsteht natürlich auch eine Sensibilität für Veränderungen und Wachstum. Es ist hochinteressant, zu beobachten, wie sich die Kultur im Laufe von 40 Jahren wandelt und dabei immer spannend und lebendig bleibt."
Vom 16. bis 18. Juni wird das Jubiläum auf dem Feierwerk-Gelände mit zahlreichen Shows, Konzerten und Überraschungen gefeiert: www.feierwerk.de