Daniel Behle mit jungen Kollegen im Freiheiz

„Stars & Rising Stars“ in der Freiheizhalle: Daniel Behle und jüngere Kollegen mit Arien und Duetten von Mozart und anderen
Michael Bastian Weiß/RBR |
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Der 1974 in Hamburg geborene Daniel Behle studierte Posaune und Komposition, ehe er sich professionell dem Gesang widmete.
Nancy Horowitz Der 1974 in Hamburg geborene Daniel Behle studierte Posaune und Komposition, ehe er sich professionell dem Gesang widmete.

Zwei Tenöre in einem Konzert, das bringt selbst in der freundlichen Atmosphäre des „Stars & Rising Stars“-Festivals einen Hauch von Sängerwettstreit mit sich. Zumindest braucht der arrivierte Sänger Daniel Behle, der diesjährige David in den Bayreuther „Meistersingern“, seinen jüngeren chinesischen Kollegen Jingxing Tan nicht mehr als Mentor an die Hand zu nehmen. Doch auch im direkten Vergleich nehmen die beiden sich gegenseitig nichts an Wirkung, weil es sich um zwei unterschiedliche Typen hoher Männerstimmen handelt.

Tan, der vor einigen Jahren in Danzig debütierte, verfügt über ein stabiles, bisweilen stämmig wirkendes Organ mit bemerkenswertem Glanz in der Höhe. Besonders in der Arie aus „Faust“ von Charles Gounod zeigt sich eine Tendenz zur Dramatik.

Auch die Bildnisarie aus der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart intoniert er makellos, doch ist hier die Melodieführung zu gleichartig, zur Flächigkeit tendierend, sodass die Gestik von Mozarts Musiksprache und auch der Text zu wenig plastisch erscheinen.

Ein geborener Tenore di Grazia

Hingegen ist Daniel Behle ein geborener Mozart-Tenor. In den beiden Klavierliedern „Abendempfindung“ und „Das Veilchen“ spricht jeder Satz, jedes Wort den Hörer direkt an. Behle, übrigens auch ein ausgebildeter Komponist, ist ein Idealbild eines „Tenore di grazia“, einer leichten hohen Stimme also mit weicher, bisweilen samtiger Oberfläche.

Schlicht phänomenal, mit welcher Beweglichkeit er die halsbrecherischen Passagen aus der Arie „Oh fiamma soave“ aus „La donna del lago“ von Gioachino Rossini singt: Hier wird die Mechanik, die Rossini für seine Figurenzeichnung verwendete, zum Ereignis. Es fällt einem nicht schnell ein Tenor, auch nicht aus der Vergangenheit, ein, der das so atemberaubend darbieten könnte.

Als Ergänzung spielt die junge Geigerin Sara Domjanic gekonnt die „Carmen“-Fantasie von Pablo Sarasate, deren rattenfängerisches Moment vielleicht noch etwas stärker blenden könnte. Keine jedoch füllt den Raum der akustisch vorteilhaften Freiheizhalle an der Donnersberger Brücke so aus wie die Brasilianerin Ludmilla Bauerfeldt mit ihrem üppig schwebenden Sopran. Der Pianist Semion Skigin schließlich durchpflügt die undankbaren Klavierauszüge ohne größere Unfälle.    

Daniel Behle singt am 12. und 13. Mai, 19 Uhr, begleitet von einem Kammerensemble und sekundiert von der Schauspielerin Lisa Wagner, den „Schwanengesang“ von Franz Schubert. Großer Hörsaal der Anatomie, Pettenkoferstraße 11.
Karten unter Telefon (089) 45 20 56 121 und unter www.kammeroper-muenchen.com


Klaviermarathon in der Reithalle

Es ist ein uraltes Klischee: hier der deutsche Tiefgang, dort die Amerikaner und Asiaten, die mit Technik protzen. Das ist natürlich ein ziemlich übles Vorurteil. Aber das Programm und die beiden zentralen Solisten bei diesem Klavier-Marathon in der Reithalle legten es darauf an, es zu bestätigen.

Der Amerikaner Clayton Stephenson und der Deutsche Amadeus Wiesensee sind auf ihre Art zwei herausragende Klavier-Talente. Stephenson ersetzt mit zwei Händen ein ganzes Orchester. Das zeichnete sich bereits im Mephisto-Walzer Nr. 1 von Franz Liszt ab und entfaltete sich dann in einem Arrangement der zweiten Hälfte von Igor Strawinskys „Feuervogel“, in dem der junge Amerikaner ein unglaubliches Kraft-Spiel demonstrierte. Dann nahm er sich in der Berceuse zurück und gestaltete den Tempo-Sprung ins Finale wie ein erfahrener Dirigent.

Natürlich, und auch diese ziemlich rhetorische Frage ist ein Klischee, würde man gerne wissen, wie er Mozart spielt. Den gab es an diesem Abend nicht, dafür aber Robert Schumanns Fantasie C-Dur, gespielt von Amadeus Wiesensee. Der 1993 in Würzburg geborene und in München lebende Pianist zeichnet die Entwicklung vom romantischen Konflikt über den grandiosen Marsch zu ausgewogener Ruhe souverän nach. Er bewältigte das Stück nicht nur technisch, sondern auch intellektuell, als Interpret. Beste klassische deutsche Schule also.

An der Technik wie an der Durchdringung haperte es ein wenig am Anfang: Da spielten Maxim Lando und Maximilian Haberstock etwas oberflächlich Schuberts vierhändige Fantasie f-moll. Lando rehabilitierte sich später mit sehr ordentlichem Rachmaninow. Marc Bouchkov spielte zur Abwechslung etwas zu kontrolliert Ysaÿe und sehr klangschön mit Filippo Gorini die Debussy-Sonate. Nach drei Stunden, um 22 Uhr, standen noch Beethovens op. 110, das Valse-Scherzo von Tschaikowsky und eine Tondichtung über „Tom und Jerry“ bevor. Der Berichterstatter wollte aber wenigstens seine Familie noch schlafend sehen und verzichtete. Er bittet die Leser hiermit um Verständnis.
 

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