Die Vorzüge der irischen Frau

Die Theaterakademie vereint eine Farce von Donizetti mit Oscar Strasnoys „Le Bal“
Robert Braunmüller |
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Entdecken lässt sich diese junge Koreanerin nicht mehr. Leider! Das hat der ARD-Musikwettbewerb [/INI_3]mit einem zweiten Preis bereits vorweggenommen. Und so bleibt uns hier nur der Genuss, die hervorragende Sumi Hwang zu loben, die Gaetano Donizettis Farce „I pazzi per progetto“ im Prinzregententheater mit gestochen scharfen Koloraturen, Geschmack und einer großen, bestens kontollierten Stimme als Schmankerl aufbereitete.

Eine gute und natürliche Darstellerin ist sie auch. Das nützte leider nicht viel, denn die Handlung dieses Einakters mit echten und falschen Geisteskranken ist weder beim Lesen, noch beim Nacherzählen oder Sehen restlos durchschaubar. Regisseur Karsten Wiegand, kein ganz starker Figuren-Arbeiter, trug zur Aufklärung wenig bei. Er konzentrierte sich auf die Situationskomik ständig verschlossener Türen. Dafür gewann man Zeit, auf liebevolle Details wie die Bartmode des 19. Jahrhunderts zu achten, die von den angehenden Maskenbildnern beigesteuert wurden.

Auch die Qualität des übrigen Ensembles mit zwei hohen Baritonen (Benedikt Eder, Ludwig Mittelhammer) erstaunte. Nur der erste auftretende Sänger hatte leichte Probleme mit Donizettis schnellem Parlando, die jedoch von Ulf Schirmer und dem diskret begleitenden Münchner Rundfunkorchester professionell aufgefangen wurden.

Die in den Opernproduktionen der Theaterakademie offenbar unvermeidliche sexuelle Befriedigung à la française fehlte nicht. Nach der Pause begrapschten sich in Oscar Strasnoys „Le Bal“ sexuell frustierte Bürger des 19. Jahrhunderts, wofür der Komponist im Programmheft das „Stereotyp vom sinnlichen, sexuell aktiveren Charakter der irischen Frau“ bemühte, ohne irgendwie zu erröten.

Die junge Dorothee Koch und der mit Extrem-Höhen prunkende Charaktertenor Sandro Schmalzl spielten professionell ein frustriertes neureiches Ehepaar mit diffus bleibendem jüdischem Hintergrund. Noch besser war Katharina Ruckgaber als die bockige Tochter, die ihren Eltern einen Ball versaut, indem sie die Einladungen zerreißt, statt sie in den Briefkasten zu werfen. Uns bescherte das immerhin den opulenten szenischen Effekt einer riesigen Tafel mit rund 70 Gedecken.

Die 2010 in Hamburg uraufgeführte Musik pläschert gefällig, aber sie trägt ebensowenig eine Stunde, wie die ziemlich unglaubwürdige Anekdote von Handlung. Hat die Theaterakademie nach Großtaten mit Peter Eötvös „Drei Schwestern“ oder Elliot Carters „What next?“ mit geschrumpftem Etat der Mut verlassen? Es wäre schade drum.

Prinzregententheater, 10., 16. und 18. November, 19.30 Uhr

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