Kriminalitätsstatistik 2017 für Deutschland: Horst Seehofer will nicht entwarnen
Deutschland ist so sicher wie seit 30 Jahren nicht. Das geht aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2017 hervor. Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht dennoch keinen Grund für Entwarnung.
Berlin - Weniger Straftaten, viele Verdächtige aus dem Ausland: Zum ersten Mal stellte Horst Seehofer (CSU) als Bundesinnenminister am Dienstag die bundesweite Kriminalstatistik der Polizei vor. Gleichzeitig präsentierte er die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität im vergangenen Jahr.
In Deutschland sind im vergangenen Jahr 5,76 Millionen Straftaten registriert worden - die niedrigste Zahl seit 1992. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist die erfasste Kriminalitätsrate sogar niedriger als in den vergangenen 30 Jahren.
"Deutschland ist sicherer geworden. Gleichwohl gibt es zur Entwarnung keinen Anlass." Für die Behörden von Bund und Ländern bleibe viel zu tun, sagte der Horst Seehofer.
Hier finden Sie die wichtigsten Zahlen und Fakten aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2017
Trend zu weniger Kriminalität
Die gefühlte Sicherheit in Deutschland steht dabei nach Ansicht des BDK-Vorsitzenden André Schulz im Widerspruch zur Statistik. Demnach ist die Zahl der Straftaten gesunken. "Das ist tatsächlich ein Phänomen, ein Paradoxon", sagte Schulz vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) der Deutschen Presse-Agentur. Seit Jahren schon sei zu beobachten, "dass das in keinem Verhältnis steht".
Mit Blick auf den Anteil von Zuwanderern unter den Straftätern sagte Schulz: "Wir können nicht anhand der Herkunft oder Ethnie oder Religion Auskünfte darüber geben, ob jemand wahrscheinlicher straffällig wird als jemand anders. Das ist unzulässig, trifft auch nicht zu und ist durch keine Forschung bestätigt worden."
Straftaten von Zuwanderern nicht höher
Schulz zufolge gehören die meisten straffälligen Zuwanderer zu Gruppen, die kriminologisch ohnehin immer anfällig seien: etwa junge Männer, die nicht an der Gesellschaft teilhaben, weil sie keinen Beruf oder keine Familie haben.
Bei der Betrachtung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) muss dem Direktor des Kriminologischen Instituts Niedersachsen, Thomas Bliesener, zufolge auch die schwankende Anzeigebereitschaft von Betroffenen berücksichtigt werden. Im Gesamtbild mit weiteren Quellen sei aber ein Trend zu weniger Kriminalität zu erkennen.
Kriminalität seit den 2000ern gesunken
"Wir hatten aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen ein kleines Zwischenhoch", sagte Bliesener der Berliner Zeitung (Dienstag) mit Blick auf die erhobenen Zahlen. "Aber wir bewegen uns bei den Straftaten auf einem Niveau, das deutlich unter dem liegt, was wir Anfang der Nullerjahre gehabt haben. Deshalb sind wir relativ sicher, dass die PKS nicht nur ein statistisches Artefakt ist, sondern dass die Kriminalität tatsächlich zurückgeht."
Anders sieht es der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow. "Die Statistik hat nur eingeschränkten Aussagewert über die wirkliche Kriminalitätsbelastung in Deutschland", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag). Die Gewerkschaft fordert einen jährlichen Sicherheitsbericht, der auch Straftaten, die nicht angezeigt werden, sowie Vandalismus-Schäden und Bagatelldelikte erfasst. Auch Wohnungseinbrüche müssten "ein Kernthema der Politik" bleiben, sagte Malchow. Die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen sei im vergangenen Jahr bereits um fast ein Viertel gestiegen.
Lesen sie dazu auch den AZ-Kommentar "Seehofer und das Wahlkampf-Geschäft mit der Angst"
- Themen:
- CSU
- Gewerkschaften
- Horst Seehofer
- Polizei