Richard Gutjahr: Allein gegen eine Welle des Hasses?
München - Der Journalisten Richard Gutjahr arbeitet nicht mehr für den Bayerischen Rundfunk.
Im Internet veröffentlichte er einen Brief an BR-Intendant Ulrich Wilhelm, in dem der ehemalige "Rundschau Nacht"-Moderator dem Intendanten unter anderem vorwirft, dass er als sogenannter fester freier Mitarbeiter keine rechtliche und kaum finanzielle Unterstützung von dem Sender bekommen habe, als er sich gegen Hass und Hetze gegen ihn und seine Familie vor Gericht zur Wehr gesetzt habe.
Gutjahr war 2016 im Urlaub Zeuge des Terroranschlags in Nizza geworden, bei dem 86 Menschen ihr Leben verloren. Er berichtete als BR-Journalist für die ARD darüber. Nur acht Tage später wurde Gutjahr wieder Zeuge eines dramatischen Verbrechens: dem Attentat im Münchner OEZ mit neun Toten. Er berichtete erneut.
In dem Brief an Wilhelm schreibt Gutjahr, bis heute würden er und seine Familie seither etwa von Verschwörungstheoretikern terrorisiert, bis hin zu Morddrohungen. In einem Beitrag Gutjahrs für "Zeit online" schreibt er beispielsweise, man habe ihn bezichtigt, Teil einer internationalen Verschwörung zu sein, die durch inszenierte Terrorakte die Weltherrschaft erreichen wolle.
Gutjahrs Rechtsschutzversicherung kündigte ihm
Gutjahr wehrte sich juristisch gegen die Hetzer. Sein Gang durch die rechtlichen Institutionen hat ihn viel Geld gekostet: "Als mir nach dem ersten Jahr meine Rechtsschutzversicherung gekündigt hatte und uns die Prozesskosten über den Kopf wuchsen, wandte ich mich erneut an den BR", schreibt der Journalisten in seinem offenen Brief.
"Dort ließen mir Ihre Referenten ausrichten, dass ich keine Unterstützung von Ihnen zu erwarten hätte. Erst als ich mich an den Ombudsmann sowie an den Rundfunkratsvorsitzenden des BR wandte, ließen Sie mir finanzielle Beihilfe zukommen, eine einmalige Zahlung, weniger als ein Monatsgehalt. Verbunden mit der unmissverständlichen Ansage, dass dies eine Ausnahme sei und ich mich in Zukunft mit meinen Problemen an den Deutschen Journalistenverband wenden soll. Die begleitenden Worte Ihres Juristischen Direktors werde ich nie vergessen: Man könne ja nicht jedem freien Mitarbeiter gleich einen Anwalt stellen, nur weil man mal im Netz ,angepöbelt’ werde."
BR wehrt sich gegen Vorwürfe
Der BR veröffentlichte dazu eine Erklärung, in der es heißt, Geschäftsleitung und der Vorsitzende des Rundfunkrats hätten sich in den drei Jahren mehrfach und intensiv mit allen Facetten des Falles beschäftigt. "Der Hass, der Richard Gutjahr seit drei Jahren im Netz entgegenschlägt, ist beschämend. Die Verschwörungstheorien sind absurd, die Drohungen Herrn Gutjahr gegenüber erschütternd."
Wegen der Entwicklungen im Netz, wie sie auch Gutjahr beschreibe, habe der BR unter anderem mit dem Bayerischen Justizministerium und weiteren Medien eine Initiative gegen Hass im Netz gestartet. Mit dieser Kooperation könnten Hass-Angriffe gegen Journalisten in Bayern nun einfacher an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und dort verfolgt werden.
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