Drei Tote in Passauer Pension - Pfeile in den Körpern
Passau - "Da ist man einmal nicht im Haus und dann passiert so etwas“, sagt ein Fabrikarbeiter aus dem Schwabenland und bestellt sich nach dem Abendessen ein zweites Bier. Wahrscheinlich, damit er heute ruhig schlafen kann. Er wohnt seit mehreren Monaten in der Passauer Pension.
Mit einem Dutzend anderer Pensionsgäste sitzt er in der schlichten Speisestube an einem der sechs Resopaltische. Die Gespräche, begleitet von einem Gefühl zwischen Grusel und Grauen, drehen sich darum, was sich in der Nacht in einem der Nachbarzimmer wohl abgespielt hat.
Drei Leichen in Pensionszimmer
Klar ist bislang nur: Am Samstag will ein Zimmermädchen gegen 11.30 Uhr das letzte Zimmer reinigen. Ihr Klopfen bleibt ohne Reaktion, daraufhin tritt sie ein – und macht eine grausame Entdeckung: Zwei Frauen, 30 und 33 Jahre alt, und ein Mann (53) liegen tot im Bett, daneben eine von zwei Armbrüsten. Das Zimmermädchen und der Pensionsbesitzer wählen wenig später den Notruf. Als die Kriminalpolizei eintrifft, stehen im Flur noch der Staubsauger und der rote Putzeimer mit dem Putzlappen, den das Zimmermädchen im Schock zurückgelassen hat.
Kurz darauf sind Spurensicherer mit weißen Schutzanzügen am Tatort beschäftigt. Sie verpacken alles, was den Ermittlungen dienen könnte. Reisetaschen, Handys, Bettwäsche und das ungewöhnlichste Utensil im Zimmer: zwei Armbrüste. Die gefundenen Papiere offenbaren, dass die toten Touristen aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz stammen.
In der Tatnacht waren alle 21 Zimmer der Passauer Pension voll belegt. Im Stockwerk mit dem Todeszimmer ist auch eine Frauengruppe aus Ravensburg einquartiert. Die Frauen um die 50 Jahre rauchen nervös auf der Terrasse. Von der Tat haben sie nichts gehört und gesehen, am Morgen die Pension für einen Stadtbummel verlassen.
Einer der Toten war wohl Jäger
Der 53-jährige Tote scheint Sportschütze und Jäger gewesen zu sein. Das Symbol eines Armbrustschützen und Jagdbetriebsschilder finden sich auf einem weißen Pick-up, der verlassen auf dem Pensionsparkplatz steht; eine Fasanenfeder hängt am Rückspiegel. Mittlerweile ist das Fahrzeug des Trios von der Kriminalpolizei abgeschleppt worden. Die zwei jungen Frauen und der Mann waren damit am späten Freitagabend angereist. Sie hatten für drei Tage gebucht. Ein Zimmer mit Doppelbett und einem Einzelbett, Südbalkon, ohne Frühstück.
Als die Gäste gegen 23 Uhr den Schlüssel holten, hatten sie kein Gepäck dabei. Das wurde offensichtlich danach aufs Zimmer geholt.
Wie gestern in dem Fall weiter bekannt wird, haben die Ermittler in allen drei Toten Armbrustpfeile gefunden. Ein vereinbarter Selbstmord oder eine Eifersuchtstragödie? Auf AZ-Nachfrage, ob es einen Abschiedsbrief gibt, heißt es vom Polizeisprecher nur: "Keine Auskunft." Eine Obduktion ist angeordnet.
Kannten sich Opfer und Täter?
Bekannt ist ebenso wenig, in welchem Verhältnis die drei Personen zueinander standen. Die 30-Jährige stammt laut Polizei aus Niedersachsen, der Mann und die ältere Frau aus dem Westerwald. Dort gibt es zig Armbrustschützenvereine.
Die Pension liegt im Flusstal der Ilz und ist ein beliebter Stopp für Durchreisende, aber auch Zeitarbeiter mieten sich hier gerne ein. Abseits der Stadt, keine Parkplatzprobleme, himmlische Ruhe.
Nieselregen setzt zur Dämmerung am Samstagabend ein. Über einem Burgturm, der am Flussufer gegenüber aus dem Nadelwald ragt, zieht Nebel auf. Die Ilz rauscht. Der schwäbische Fabrikarbeiter hat sich auf den Balkon seines Zimmers zurückgezogen und eine Zigarette angezündet. Er wohnt auf dem Stockwerk, in dem die drei Leichen gefunden worden sind. Im selben Flur, drei Zimmer weiter.
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