Mehr verdienen mit Müll: Hier lohnt sich die Geldanlage

Am Montag, den 22. April wird das Thema Abfallentsorgung in einem UN-Treffen angegangen. Für Anleger könnte das Geschäft mit dem Müll lukrativ sein.
von  Veronika Csizi
Immer mehr Müll sorgt nicht nur für meterhohe Haufen, sondern auch für einen wachsenden Industriezweig.
Immer mehr Müll sorgt nicht nur für meterhohe Haufen, sondern auch für einen wachsenden Industriezweig. © imago

Ottawa - Die Müllberge auf der Welt wachsen bis 2050 auf etwa 3,4 Milliarden Tonnen immer weiter, schätzt die Weltbank. 2,1 Milliarden Tonnen Haushalts- und Siedlungsmüll produziert die Menschheit derzeit jedes Jahr. Während Staaten und Industrien die regulären Müllströme relativ gut in den Griff bekommen, wird die Vermüllung der Ökosysteme mit Kunststoffen inzwischen zu einem ernsten Problem. Bis zu 23 Millionen Tonnen Plastikabfälle etwa gelangen jedes Jahr in Flüsse und Meere, 90 Prozent der dort lebenden Arten sind nach Darstellung der Umweltorganisation WWF bereits mit Mikroplastik geschädigt.

Anlage lohn sich: Müll-Branche zählt zu den solidesten Branchen überhaupt

In Ottawa in Kanada tagen ab diesem Montag Umweltpolitiker, um über ein globales UN-Abkommen gegen Plastikmüll zu beraten. Auch als Anleger kann man sich am Management, am Recycling und an der Vermeidung von Müll beteiligen.

Das Müll-Geschäft mag unappetitlich wirken, doch es zählt zu den solidesten Branchen überhaupt. Haushaltsmüll fällt in guten wie in schwierigen Zeiten an, der Müll aus Privathaushalten und Gewerbe muss abgeholt und verarbeitet werden, sei es durch Verbrennung und Energiegewinnung, sei es durch Deponierung oder durch Recycling. Gleichzeitig produzieren immer mehr Menschen auch immer mehr Abfall.

Aktie des Entsorgungsunternehmens Waste Mangagement hat sich verdoppelt

Waste Management (WM) - das englische Wort Waste steht für Müll - ist ein führendes Unternehmen für das Management von privatem und gewerblichem Unrat in den USA. Zu tun ist genug: Pro Kopf sind die USA der größte Müllproduzent der Erde. Um mehr als zehn Prozent stieg der Umsatz von Waste Management jedes Jahr seit 2020, den Gewinn steigerte WM sogar um fast 16 Prozent pro Jahr. Insgesamt setzte der Konzern, der auch im großen Aktienindex S&P 500 notiert ist, 2023 gut 20 Milliarden Dollar um. Die Aktie hat sich binnen fünf Jahren knapp verdoppelt, im Jahresvergleich ist sie um 24 Prozent gestiegen.

Müllberge seien nicht nur Abfälle, sondern eben auch Rohstoffe, weiß der Abfall-Riese aus Houston - und ist inzwischen auch der größte Recycler von Verbraucherabfällen in den USA. Trotzdem will WM bis 2026 weitere 1,6 Milliarden Dollar in Recyclingkapazitäten und Erneuerbare Energien stecken. Die Dividende soll zum 21. Mal in Folge steigen, in diesem Jahr sind auch erneut Aktienrückkäufe im Gegenwert von rund einer Milliarde Dollar geplant.

Insgesamt mausern sich, angetrieben auch durch die Gesetzgeber in vielen Teilen der Welt, die Themen Recycling und Kreislaufwirtschaft immer stärker zu Kernthemen in der Branche. So müssen in der EU ab 2025 mindestens 55 Prozent des privaten Mülls insgesamt und 65 Prozent des Verpackungsmülls recycelt werden.

Unternehmen Veolia ist in Deutschland aktiv: Aufschlag von gut 20 Prozent möglich

Ein zweites Leben gibt auch Veolia dem Müll und ist dabei gerade in Deutschland sehr aktiv. Der französische Umweltriese recycelt in Rostock Plastikflaschen, in Hannover ausrangierte Kühlgeräte und an fünf deutschen Standorten Papier. Die Müll- und Recycling-Sparte steht neben den Geschäftsbereichen Wasser und Energie insgesamt für rund ein Drittel der Umsätze von insgesamt 45,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Gut acht Milliarden davon arbeiten in der Kreislaufwirtschaft, vor allem im Kunststoff-Recycling. Von den 63 Millionen Tonnen Abfällen, die Veolia Environnement 2023 eingesammelt hat, gingen rund 500.000 Tonnen ins Plastik-Recycling.

Die Aktie hat in den vergangenen zwölf Monaten wilde Ritte hingelegt, notiert insgesamt im Minus. Im Schnitt halten Analysten jedoch einen Aufschlag von gut 20 Prozent für wahrscheinlich.

Plastik ist auch das Thema eines weiteren Franzosen, der Firma Carbios. Aktuell würden nur etwa zehn Prozent der 353 Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen jedes Jahr weltweit recycelt, so das Unternehmen. Carbios hat ein Verfahren zum Bio-Recycling mit Enzymen entwickelt, das sowohl PET-Abfälle als auch Polyester aus Kleidung recyceln kann.

Analysten sehen großes  Kurs-Potenzial: Carbios baut in Frankreich eine Recycling-Anlage

Carbios baut derzeit eine Recycling-Anlage im nordfranzösischen Longaville. Ab 2025 soll das Werk mit einer Kapazität von 50.000 Tonnen Plastikabfällen an den Start gehen. Zwar ist die Börse, ablesbar an der Kursentwicklung (minus 38 Prozent binnen eines Jahres), noch nicht wirklich überzeugt.

Jedoch sind einige sehr bekannte Namen, wie der Kosmetikkonzern L'Oréal oder der Schweizer Nahrungsmittelmulti Nestlé mit an Bord. Analysten sehen ein Kurs-Potenzial von knapp 60 Euro bis 2025, bei einem aktuellen Kurs von 18,6 Euro. Ein hochspekulatives Investment bleibt die Aktie dennoch.

Aktie des US-Unternehmens Republic Services mit einer Steigerung von 60 Prozent

Über den Wert von Müll und dessen Beseitigung konnten sich in den vergangenen Jahren auch die Aktionäre von Republic Services freuen. Der Börsenwert der Nummer zwei im US-Markt nach WM hat sich binnen drei Jahren verdoppelt, das Unternehmen hat die Dividende erhöht und Umsatz beziehungsweise Gewinn 2023 um elf und 13 Prozent gesteigert. Auch Waste Connections, die Nummer drei in Nordamerika, macht aus Abfall-Management harte Dollar. Knapp 60 Prozent hat verdient, wer das Papier seit drei Jahren hält.

Auf industrielle Abfälle fokussiert ist Befesa. Der MDAX-Konzern nimmt der Industrie problematische Abfälle wie Schlacken ab und hat 2023 insgesamt 1,9 Millionen Tonnen recycelt. Aktiv ist Befesa in Europa, China und den USA. Die Aktie litt 2023 unter der chinesischen Wachstumsschwäche, hat jedoch seit dem Tief im Oktober wieder 35 Prozent zugelegt. Heuer sollen Umsatz wie Gewinn deutlich steigen. Auch der eigentlich eher für seine Goldangebote bekannte belgische Konzern Umicore ist auf das Recycling von Industrieabfällen spezialisiert.

Pfandautomaten Hersteller Tomra erhofft sich gute Geschäfte durch Müllsortieranlagen

Die Norweger von Tomra wiederum müsste im Prinzip jeder Deutsche kennen: Denn ihre Produkte, die Pfandrücknahme-Automaten für Flaschen, stehen in den meisten Supermärkten. An der Börse präsentierte sich der Müllverhinderer eher mittelprächtig, einem Minus auf Jahressicht steht ein Plus von 32 Prozent in den vergangenen drei Monaten gegenüber. Allerdings hoffen die Norweger nun auf gute Geschäfte mit neuen und effektiveren Müllsortieranlagen. Beteiligen kann sich ein Anleger auch an Alba SE, einen vor bald 60 Jahren in Berlin gegründeten Abfallentsorger. Mittlerweile ist der einst drittgrößte deutsche Müllentsorger unter den Brüdern Eric und Axel Schweitzer aufgeteilt.

An der Börse ist nur die Holding Alba SE, die zu 93,5 Prozent im Besitz der Familie ist. Nur 6,52 Prozent der Aktien an der Alba SE sind frei verfügbar. Das Recyclingunternehmen konzentriert sich auf die Sekundärrohstoffe Stahl- und Metallschrott. Kunden sind vor allem Unternehmen aus den Bereichen Bau, Möbel, Küchen, Heizung oder Kfz. Größter Müllentsorger, Recycler und Wasseraufbereiter in Deutschland ist die Remondis-Gruppe, die aber nicht an der Börse notiert ist. Alba SE war für Aktionäre ein sehr schlechtes Geschäft. Die Aktie liegt auf Jahressicht fast 60 Prozent im Minus, gemessen an ihrem Hoch aus dem Jahr 2018 hat sie sich geachtelt. In den vergangenen vier Wochen legte sie jedoch wieder 19 Prozent zu.

Alternative zu Einzelaktien: ETF "Circular Economy: Fast 18 Prozent Wertentwicklung

Wer sich die Auswahl einer Aktie selbst nicht zutraut, kann auch auf passive Fonds (ETF) setzen. Die französische Großbank BNP Paribas beispielsweise hat den ETF "Circular Economy" im Portfolio. Er enthält 50 Aktien, die im Bereich der Kreislaufwirtschaft aktiv sind. Die satte Wertentwicklung von 17,45 Prozent auf Jahressicht ist aber wohl vor allem der Aktie des Chip-Giganten Nvidia geschuldet, die ebenfalls im ETF vertreten ist. Wisdom Tree wiederum hat den ETF "Recycling Decarbonisation" aufgelegt. Vertreten sind die großen und kleinen Müllriesen, dazu auch Spezialfirmen wie Clean Harbors, die sich auf die Entsorgung gefährlicher Abfälle spezialisiert haben, 5,4 Mrd. Dollar pro Jahr umsetzen und damit Marktführer sind.

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