100.000 Dollar und kein Ende? Der Bitcoin zwischen Hype und Gefahr

München - Vor wenigen Tagen ist ein hoher Regierungsbeamter aus Bayerns Staatskanzlei ins Visier der Staatsanwaltschaft und Landesanwaltschaft geraten. Zunächst soll Daniel B. verschiedenen potenziellen Geldgebern von einem "Algorithmus", der genaue Wirtschaftsprognosen treffen kann, und seiner angeblichen Beraterfunktion für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) erzählt haben.
Seine angebliche Versprechung: Hohe Geldsummen im fünf- und sechsstelligen Bereich auch in der Finanzwelt der Kryptowährungen anzulegen. Doch das Geld sollen seine Geschäftspartner zum großen Teil nie wieder gesehen haben. Der Fall zeigt: Kryptowährungen wie Bitcoin, Etherum und Litecoin bergen große Risiken. Auf Handelsplattformen sind immer wieder dubiose Mittelsmänner tätig. Auch der Kurs ist letztlich von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.
Es klingt verlockend: Bitcoin knackt erstmals 100.000-US-Dollar-Marke
Gerade jetzt ist der Anreiz, in Kryptowährungen zu investieren, groß. Der Bitcoin – die erste digitale, 2009 von einer unbekannten Person oder Gruppe eingeführte Kryptowährung – erlebt zurzeit einen Höhenflug. In der Nacht auf Donnerstag knackte der Bitcoin (BTC) die 100.000-US-Dollar-Marke. Am Donnerstagmorgen lag er bei 97.300 Euro. Damit handelt es sich um den höchsten Wert seit der Erfindung der digitalen Währung.

Im November 2021 lag er noch knapp bei der Hälfte und verzeichnete trotz kurzzeitiger Zugewinne eher eine Talfahrt. Einen Aufschwung verlieh ihm der 78-jährige, erneut gewählte US-Präsident Donald J. Trump. Der Republikaner wurde im Wahlkampf zum Befürworter von Kryptowährungen.
Genau genommen kündigte er eine Deregulierung des Marktes an. Sein Gedanke: Er will sein Land zur "Krypto-Hauptstadt" der Welt machen. Außerdem plant er den Aufbau einer nationalen BTC-Reserve durch die US-Notenbank Federal Reserve.
"Amerika größer machen": Diesen Einfluss hat Donald Trump auf den Bitcoin
Für weiteren Aufwind unter Krypto-Investoren sorgte der Politiker dann am Mittwoch. Er stellte Paul Atkins als Wunschkandidaten für die Leitung der US-Börsenaufsicht SEC vor. Auf seinem Kurzbotschaftendienst "Truth Social" sagte der bald wieder mächtigste Mann der Welt: "Er erkennt auch an, dass digitale Assets und andere Investoren entscheidend sind, um Amerika größer zu machen als je zuvor."

Der ursprüngliche Krypto-Skeptiker und aktuelle Chef der Behörde, Gary Gensler, kündigte nach der US-Wahl seinen Rückzug an. Sein Ziel war es, den Handel mit Bitcoin, Etherum und anderen virtuellen Währungen zu beschränken. Genauso wie auch die Europäische Union. Die Politiker in Brüssel wollen Kryptowährungen unter anderem ab dem Jahr 2026 strenger überwachen. Atkins will das Gegenteil.
Libertäre Akteure mit großen Einflüssen: Deshalb befeuern den Bitcoin auch Trumps Hinterleute
Das entspricht dem Gedankengang von libertären Akteuren, die einen großen Einfluss auf Trump haben. Einer seiner größten Unterstützer, Milliardär und "Paypal"-Gründer Peter Thiel, will den Staatsapparat massiv entschlacken, Steuern reduzieren und als Sympathisant des anarchokapitalistischen argentinischen Präsidenten Xavier Milei einen Großteil der Gesetze abschaffen. Ähnliche Ansichten vertritt auch Tech-Milliardär Elon Musk, der seit Jahren von seiner Krypto-Begeisterung spricht.

Besonders beliebt ist der Bitcoin bei diesen Akteuren, weil das dahinterstehende System dezentral funktioniert – also ohne Banken, Regierungen und Finanzinstitute. Die Funktionsweise der Währung basiert auf mathematischen Berechnungen und ist äußerst komplex.
Blockchain, Miner und die 21-Millionen-Limitierung: So funktioniert der Bitcoin
Insgesamt kann es aufgrund einer Limitierung grundsätzlich nur weniger als 21 Millionen Bitcoins geben. Diese Coins (Tokens) können gegen jede beliebige Währung getauscht werden. Möglich ist das auf zentralen Plattformen wie "Coinbase". Dort übernimmt praktisch ein Unternehmen komplizierte Arbeitsprozesse und liefert letztlich die gekaufte Menge an Bitcoins.
Gängig sind allerdings ebenfalls dezentrale Tauschbörsen. Dort erhält der Interessent die Kryptowährung in Form eines binären Codes. Dieser kann zum Beispiel auf physischen Datenträgern wie Laptops, USB-Sticks oder einer DVD gespeichert werden.
Das macht diese Form von Tauschbörsen auch für Kriminelle – unter anderem im Darknet – besonders interessant: Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Bankkonto haben Ermittlungsbehörden auf den physisch gespeicherten Bitcoin keinen Zugriff. Anfällig ist diese Methode allerdings wiederum für Hacker-Angriffe, das Medium kann verloren gehen oder auch im Rahmen von Hausdurchsuchungen konfisziert werden.
Warum viele in diesen Finanzmarkt einsteigen wollen: Bisher sind noch nicht alle 21 Millionen Bitcoins ausgegeben. Das System generiert sie selbstständig – und zwar jedes Mal, wenn jemand einen Bitcoin kauft. Ab einer gewissen Anzahl an Käufern wird ein sogenannter Block generiert.
Das lässt sich mit einer Festplatte vergleichen, die ab einem gewissen Zeitpunkt vollgeschrieben ist (Blockchain). Dann kommen "Miner" ins Spiel, bildhaft vergleichbar mit im Kryptosystem tätigen Kontrolleuren. Sie rechnen – sehr vereinfacht ausgedrückt – die Blöcke nach.
Dahinter steckt eine Art endliches "Belohnungssystem"
Dadurch prüfen sie, ob es bei den Transaktionen tatsächlich mit rechten Dingen zugegangen ist. Wenn sie die Rechnung gelöst haben, bekommen sie dafür eine Belohnung – nämlich neue Bitcoins, die generiert werden. Vor einigen Jahren haben die Prüfer nach einem Zufallsprinzip zum Teil 50 Bitcoins pro Überprüfung bekommen. Heute entspricht das einem Gegenwert von fast fünf Millionen Euro.
Damit das System allerdings nicht zu schnell wächst, wird die Anzahl der "Belohnungs-Bitcoins" alle vier Jahre halbiert. Es werden also immer weniger generiert. Man spricht dabei vom "Halving". Das ist ein Mechanismus, der dafür sorgt, dass die Verteilung der Tokens länger dauert. Durch diese Vorkehrung werden voraussichtlich noch in 100 Jahren Tokens kreiert. Wenn sie dann alle verteilt sind, gibt es keine Belohnungen mehr. Dann profitieren die Tauschplattformen nur noch von Transaktionsgebühren.
Es gibt keine sicheren Prognosen: 2022 brach Kryptowährung um fast 35.000 Euro ein
Doch der Kurs des Bitcoins lässt sich kaum vorhersagen. 2022 brach er signifikant ein – um mehr als 35.000 Euro. Mit Blick auf die Zukunft ist die Entwicklung auch unsicher: Wenn Trump tatsächlich eine Bitcoin-Reserve einführt, dürfte die Währung einen massiven Aufwind bekommen. Sollte die EU allerdings regulatorisch eingreifen, hat das wiederum auch Auswirkungen.
Die Sparkasse rät deshalb von Krypto-Investments ab. "Die Sparkasse-Finanzgruppe warnt ihre Kundinnen und Kunden davor, bei der Geldanlage auf Bitcoin zu setzen", heißt es auf dem Internetauftritt. "Deshalb gibt es keine ansprechenden Angebote bei der Sparkasse und ihren Partnern."
"Totalverlust ist denkbar": Sparkasse und Verbraucherschutz warnen
Die Bank bezeichnet die Währung als "volatil", die Verbraucherzentrale weist wiederum auf dubiose Tauschbörsen hin, hinter denen oft Betrüger stecken. "Sie versprechen finanzielle Freiheit, hohe Rendite oder dauerhaftes passives Einkommen", so die Verbraucherschützer. Darüber hinaus besonders gefährlich: "Für Bitcoins existiert weder eine Einlagensicherung, noch eine Absicherung über einen Goldstandard", heißt es. "Auch ein Totalverlust ist denkbar".
Was vielen Bitcoin-Sympathisanten gar nicht bekannt ist: Krypto-Investments könnten auch ein Fall für die Steuererklärung werden. Wer über 1000 Euro investiert und den Bitcoin weniger als ein Jahr behält, muss Gewinne versteuern. Rechtlich handelt es sich dabei um ein privates Veräußerungsgeschäft. Außer man behält die Kryptowährung wirklich langfristig, wovon Kritiker jedoch vehement abraten.