Der Cirque du Soleil mit "Kurios"

Das vierwöchige Gastspiel in einem Zelt auf der Theresienwiese
von  Mathias Hejny
Eine Szene aus der Show "Kurios" des Cirque du Soleil auf der Theresienwiese.
Eine Szene aus der Show "Kurios" des Cirque du Soleil auf der Theresienwiese. © Jens Niering

Flohzirkus gehört nicht zum Businessmodell des kanadischen Zirkusunternehmens, in dem alles noch etwas größer ist als sonst. Aber Facundo Giminez hat aus der alten Jahrmarktsattraktion, die man aus dem Köfferchen holen kann, das "Unsichtbare Theater" entwickelt: Traditionelle Artistik, deren Künstler nur zu erahnen sind. Sogar ein schlecht gelaunter Löwe ist nicht zu sehen, obwohl Tiere nicht zur Philosophie des Cirque du soleil gehören.

Kuriose Nummern

Selten begeistert eine Show, die man nicht sehen kann, ein Publikum so wie diese Nummer, die zu den kuriosesten von "Kurios" gehört. Dieses Programm ist zwar schon zehn Jahre alt, kommt aber erst jetzt nach München. Wie am Premierenabend von der Pressestelle verlautete, waren bereits 80 000 Karten für die vier Wochen auf der Theresienwiese verkauft. Auch mit anderen Zahlen beeindruckt der Entertainment-Konzern, der 1984 in Montréal mit Straßentheater begann, immer wieder.

So wird das 2000 Tonnen schwere Material von 86 Lastwagen transportiert. Das Grand Chapiteau verfügt über 2300 Plätze, ist 19 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 51 Metern. Camping-Freunde dürfte überdies die Information begeistern, dass das Zelt von 550 Häringen im Boden verankert wird. Den erzählerischen Rahmen bildet ein Forscher (wie man sich einen verrückten Wissenschaftler schon immer vorgestellt hat: David Garcia), der eine fantastische Welt vorfand und erfand, um es dem staunenden Publikum zu präsentieren.

Angriffe auf die landläufigen Sehgewohnheiten

Schon seine Helferlein sind kurioser nicht auszudenken. Gestalten wie Nico, der Akkordeonmann, oder Mr. Micrososmos, ein Hybrid aus Mensch und Dampflokomotive, sowie käferartige Roboter und Besucher aus einem Land namens Kuriosistan sind geschäftig unterwegs, um den Betrieb im Zirkusrund zu managen. Dieses ist in einer weit vergangenen Zukunft gelandet, die Bühnenbildner Stephane Roy mit technischen Visionen wie aus einem Jules-Verne-Roman ausgestattet hat.

Regisseur Michel Laprise erobert vor allem den Luftraum zwischen Arena und Kuppel. Da turnt Anne Weisbecker atemberaubend an einem fliegenden Fahrrad, Dárian Cobas und Caoliang Wong sind Siamesische Zwillinge, die sich für kraftvolle Flüge an Strapaten trennen oder acht Luftakrobaten aus fünf Nationen sind Fliegende Fische und nutzen das Netz als Trampolin in Übergröße.

Weiter gedrehte Zirkuskunst

Nathan Brisco erkundet sogar ein Paralleluniversum, das seiner eigenen Handstandnummer aus gestapelten Stühlen aus der Kuppel des Zirkuszelts entgegen wächst. Die beiden Tischgesellschaften, die sich wie Stalaktiten und Stalagmiten in der Tropfsteinhöhle entgegenwachsen, sind der verblüffendste Angriff auf die landläufigen Sehgewohnheiten an diesem ebenso überwältigenden wie kurzweiligen Abend.

Aber auch andere Klassiker der Zirkuskunst sind immer ein bisschen weiter gedreht. Der Rola-Bola-Artist James Gonzalez zeigt seine wackelige Kunst auf einer Schaukel. Die 13-köpfige Banquine-Truppe startet den Flug auf die menschliche Pyramide auch mal aus dem Publikum heraus. Dort endet auch das "Theater der Hände" von Nicolas Baixa, das der stille Moment ist in dem stets von der Liveband unter Leitung von Nathan Spencer Lerohl vorangetriebene Megaspektakel.

Zelt auf der Theresienwiese, bis 25. Februar, mittwochs bis samstags 19.30 Uhr, freitags auch 16 Uhr, samstags auch 12.30 und 16 Uhr, sonntags 13.30 und 17 Uhr, Internet www.cirquedusoleil.com

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