Zoff um Sperrstunde - die Wirte schäumen

Der Bayerische Städtetag will Clubs und Kneipen um 2 Uhr schließen - Nürnbergs Gastronomen wehren sich, OB Maly wiegelt ab. Was halten Sie von dem Vorstoß?
NÜRNBERG Der Bayerische Städtetag will für angeblich mehr Ruhe und Ordnung auf den Straßen sorgen – Nürnbergs Wirte schäumen vor Wut! Die Oberbürgermeister der bayerischen Städte fordern ein Zurück zur Sperrstunde – zwischen 2 und 6 Uhr morgens sollen, wie vor 2004, Gastro-Betriebe (auch Diskotheken) ihre Türen schließen.
René Frauenknecht vom „Bela Lugosi“ in der Frankenstraße ist schockiert: „Wollen die die Gastronomie vernichten?“, fragt der Wirt, der den meisten Umsatz vor allem am Wochenende nach Mitternacht macht. Seiner Meinung nach war das Rauchverbot der erste Sargnagel für kleine Kneipen, eine neue Sperrstunde gefährde ihn und viele andere Kollegen in der Existenz. Das Argument, eine Sperrstunde verhindere Lärm und Gewalt auf den Straßen ist für Frauenknecht „Schwachsinn“ – er verweist auf die Kriminalitäts-Statistiken in England, wo der frühe Kneipen-Schluss nichts Positives bewirkt habe. Seine traurige Schlussfolgerung: „Bayern ist auf dem besten Weg zu einem Alte-Leute-Bundesland.“
Auch Marc Klages vom „Fogon“, der als Beauftragter für „Musik und Szene“ beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband fungiert, ist stocksauer über den Law-and-Order-Vorstoß: „Erst neulich habe ich in NRW ungläubige Blicke geerntet, als ich berichtete, dass wir allein im November wegen der zwei Feiertage kein Geschäft machen dürfen.“ Ohnehin würden strenge Öffnungsregelungen häufig einen Umkehr-Effekt mit sich bringen: „Das sieht man, wenn Disko-Betreiber vor stillen Feiertagen ihre jugendliche Kundschaft bis Mitternacht gezielt anfüllen.“ Was die Betrunkenen auf der Straße treiben, wenn der Club dichtmacht, könne sich jeder selber ausmalen.
OB Ulrich Maly indes kann den Zorn der Gastronomen nicht nachvollziehen: Schließlich könnten die Kommunen selbst entscheiden, wie sie mit einer Sperrstunde umgehen. In Nürnberg jedenfalls werde sich nichts an der großstädtisch-liberalen Öffnungspolitik ändern. Eine gesamtbayerische Sperrstunde gebe dem Ordnungsamt lediglich die Möglichkeit, bei Verstößen die Wirte mit Sanktionen zu belegen, eben der Drohung, früher dichtmachen zu müssen. Ums Geld gehe es jedenfalls nicht: „Wir werden keine Gebühren verlangen, wenn Wirte die ganze Nacht öffnen wollen.“
Steffen Windschall