Zoff im Rathaus: OB Maly und seine 10 wichtigsten Fragen

Das Spitzengespräch ist gescheitert: Bündnis zwischen SPD und CSU steht nun auf der Kippe.
NÜRNBERG Der Streit um die Nordspange am Flughafen spaltet die Politik im Rathaus. Jetzt steht das Bündnis zwischen SPD und CSU auf der Kippe. Die AZ beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Mega-Zoff.
1. Worum geht es bei der Nordspange? Der Flughafen soll durch ein Tunnel unter dem Rollfeld einen direkten Autobahn-Anschluss bekommen. Die SPD will eine dreijährige „Denkpause“ bei dem Projekt. Sie sagt, die Entwicklung der Verkehrszahlen sei nicht so dramatisch, dass das 60-Millionen-Euro Projekt sofort realisiert werden müsse. Bauherr ist der Bund. Von ihm und dem Freistaat kommt das Geld. Die CSU will die Trasse. Ansonsten könne sich der Flughafen nicht weiter entwickeln. Zudem schütze der Tunnel die Bewohner im Ziegelstein vor dem Verkehrslärm.
2. Warum ist das Spitzengespräch gescheitert? Die Rathaus-CSU fühlt sich „erpresst“, so Fraktions-Chef Sebastian Brehm, weil OB Ulrich Maly (SPD) mit neuen Mehrheiten im Rathaus gedroht habe. Er habe eine „Kultur des Drohens“ entwickelt, weil er außerdem ankündigt habe, dass die SPD die CSU-Referenten nicht mehr wiederwähle. Brehm erwartet nun eine „Entschuldigung“ von Maly für die Verquickung von Personal- und Sachpolitik. Was der nicht machen wird. Maly: „Ich habe nichts zu entschuldigen! Das ist auch keine Erpressung. Ich habe nur an die Mehrheiten im Rathaus erinnert und an die Konsequenzen, die es hätte, wenn die CSU die Kooperation aufgibt.“
3. Wie sind die Mehrheitsverhältnisse im Rathaus? Die SPD braucht die CSU nicht für eine Mehrheit. Sie hat im 70-köpfigen Gremium 33, die CSU 22 Sitze (dazu kommt einer, auf dem der aus der CSU-Fraktions ausgeschlossenen CSU-Mann Siegfried Schneider sitzt). Die Grünen haben fünf Sitze. Das reicht für eine Mehrheit mit der SPD, zumal auch der Stadtrat der „Guten“ meist grün stimmt. Auch mit den vier „Bunten“ (FDP, Freie, ÖDP) hat die SPD eine Mehrheit. Außerdem vertreten: die Linken mit drei und die Bürgerinitiative Ausländerstopp zwei Räten.
4. Um was geht es bei dem Personalpoker? Die Stadtregierung hat neun Referenten und Bürgermeister: vier von der SPD, vier von der CSU, einer von den Grünen. „Obwohl die CSU ein Drittel schwächer als die SPD ist, ist sie in der Stadtspitze gleich stark“, sagt Maly. Er will dieses Verhältnis auch nach 2014 beibehalten, obwohl dann zwei „Häuptlings“-Posten wegfallen sollen. „Das ist nicht unfair.“ Die CSU will sich derzeit nicht konkret zum Verschlankungs-Vorschlag äußern, der in der Kooperations-Vereinbarung festgelegt ist.
5. Was steht in dieser Kooperationsvereinbarung? SPD und CSU haben darin vereinbart, dass sie bis 2014 gemeinsam den Haushalt und wichtige Projekte tragen, sich aber nicht fest in eine Koalition binden. Festgelegt ist der Weiterbau der U3 und der Ausbau des Frankenschnellwegs. Zur Nordspange heißt es: „Sie wird weiterhin als Lösung der Verkehrserschließung des Flughafens unterstützt, für Buchenbühl ist der maximale rechtlich und technisch machbare Lärmschutz zu realisieren. Die Maßnahmen, die notwendig sind, den Verkehr in Ziegelstein nach Fertigstellung der Nordanbindung nachhaltig zu reduzieren, werden geplant und zeitgerecht realisiert.“ Nach CSU-Lesart hat die SPD die Vereinbarung gebrochen. „Die Denkpause entspricht der Vereinbarung“, sagt Maly.
6. Welche Rolle spielt OB Ulrich Maly? Er war zuerst für die Nordspange. Dann brachte er die Denkpause ins Gespräch – um innerparteiliche Kritiker des Projekts zu besänftigen. Er will die Kooperation mit der CSU. „Die meisten Nürnberger finden es gut, dass die beiden großen Parteien zusammenarbeiten.“ Zum Zoff sagt er: „Das ist ein sachlicher Konflikt, der gelöst werden muss.“
Welche Rolle spielt Nürnbergs CSU-Chef Markus Söder?
7. Welche Rolle spielt Nürnbergs CSU-Chef Markus Söder? Er steht unter Druck der Parteibasis, an der die Kooperation nicht beliebt ist. Außerdem sucht er eine Möglichkeit, wie er den bis ins bürgerliche Lager beliebten SPD-Mann Maly angreifen kann. Trotzdem will die CSU in Nürnberg mitgestalten. Deshalb hat Söder die Kooperation bisher auch nicht beenden lassen: „Wer in schweren Zeiten auf wechselnde Mehrheiten setzt, schadet der Stadt!“
8. Was passiert bei einem Bruch des Bündnisses? Noch hoffen SPD und CSU auf eine Einigung. „Wir führen keine parallelen Koalitionsverhandlungen mit anderen Parteien“, sagt Maly. Sollte es doch zum Bruch kommen, hat die SPD mehrere Optionen (siehe oben). Die CSU müsste in die Opposition.
9. Wie geht’s im Rathaus jetzt weiter? CSU und SPD haben für nächsten Sonntag ein weiteres Spitzengespräch vereinbart. „Wir reichen der SPD die Hand“, so CSU-Fraktions-Chef Brehm. Sein SPD-Kollege Gebhard Schönfelder rechnet mit einer Lösung bis zum Sommer. Dann steht der Haushalt an.
10. Welche Auswirkungen hat das auf die Nordanbindung? Das Planfeststellungsverfahren läuft. Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Michael Frieser (CSU) will beim Bundesverkehrsminister ums Geld kämpfen. Ob aber der Bund gegen ein Votum der Stadt baut, ist offen. Zudem wäre dann mit Klagen zu rechnen, die das Verfahren weiter verzögern. Michael Reiner