Ziegenbäuerin im Berchtesgadener Land sagt Wolf den Kampf an und baut eigenen Schutz

Eine Ziegenbäuerin im Berchtesgadener Land ist vom "Experiment" der Politik rund um den Wolf und den Bären enttäuscht – und baut sich nun ihren eigenen Schutz.
von  Kilian Pfeiffer
Anja Fagerer mit einem Protestschild.
Anja Fagerer mit einem Protestschild. © Kilian Pfeiffer

Piding - Die Jungziege war damals hochträchtig und bis auf die Knochen abgefieselt, als Landwirtin Anja Fagerer sie fand. "Das ist der Grund, warum ich das Thema Große Beutegreifer zu meinem Hobby erklärt habe", sagt die Bio-Ziegenlandwirtin aus Piding, die ihre Tiere künftig mit einem wolfsabweisenden Stall bestmöglich schützen will.

Dieser befindet sich aktuell noch im Bau, etwa mit einem Zaun für den Stall. "Von der Politik können wir leider keine Unterstützung erwarten. Wir brauchen die Bevölkerung auf unserer Seite."

Schutz vor Bär und Wolf nötig: Familie besitzt 239 Milchziegen

Früher hat sie Milchviehhaltung betrieben, später mit der Direktvermarktung von Fleisch begonnen. Nach einem Zwischenstopp als Pensionspferdebetrieb kümmert sich die Familie heute um 239 Ziegen.

Mit ihrem Mann betreibt sie den Klingerhof, einen Bio-Milchziegenhof. Um den Anforderungen der Bio-Richtlinien an die Ziegenhaltung gerecht zu werden, bauen die Fagerers aktuell einen "wolfsabweisenden Stall", der die Ziegen bestmöglich schützen soll.

239 Ziegen leben am Klingerhof in Piding.
239 Ziegen leben am Klingerhof in Piding. © Kilian Pfeiffer

Erster Wolfsriss vor acht Jahren: Anja Fagerer lässt das Thema nicht mehr los

Seit dem ersten vermeintlichen Wolfsriss vor acht Jahren, den die Behörden als Fuchs-Angriff führten, lässt sie die Thematik nicht mehr los. Sie besuchte Vorträge, knüpfte Kontakte und war zu Besuch im Wolf Science Center im österreichischen Ernstbrunn, in dem Wissenschaftler die kognitiven Fähigkeiten von Wölfen und Hunden erforschen.

"Ich wollte verstehen, wie Wölfe ticken", sagt Fagerer. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich Große Beutegreifer generationenübergreifend das Wissen mitgeben und mittlerweile so gewieft sind, dass sie fast jede Herdenschutzmaßnahme überwinden. 2018 hat sie sogar ihren Jagdschein absolviert. Für den Fall der Fälle.

Neuer Schutzzaun gegen Wolf und Bär kostet 36.000 Euro

Sie fragte bei der Regierung von Oberbayern an, ob sie den Wolf damit vergrämen dürfe. Die Antwort: negativ. Im November 2021 gab es einen nachgewiesenen Wolfsriss an einem Schaf am Reitberg in Aufham. "Dadurch wurde unser Gebiet in die Förderkulisse aufgenommen." Sie stellte also einen Antrag auf Herdenschutzmaßnahmen. Ein entsprechender wolfsabweisender Zaun würde rund 36.000 Euro kosten.

Mittlerweile sind die Flächen wieder aus der Förderkulisse gefallen, sagt Fagerer. Die Kosten für den Zaun müssten die Ziegenmilchbauern aus eigener Tasche tragen.

Freie Ausbreitung von Bär und Wolf in Bayern ist "ein großes Experiment"

Eingezäunte Tiere, sagt die Landwirtin, seien für den Wolf "wie ein Drive-In". Wenn aufgeschreckte Tiere in Panik gerieten, werde der Jagdtrieb angestachelt. "Das bringt sie dazu, auch die anderen Tiere zu attackieren."

Dass der Wolf nicht ins Umfeld der landwirtschaftlich tätigen Bauern gehört, daran lässt sie keinen Zweifel. "Es ist ein großes Experiment, das die Politik da durchführt, wenn sich Bär und Wolf frei ausbreiten dürfen."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.