Zarter Abdruck einer letzten Lebensspur

Die „Kreis“-Ausstellung „Bildrolle - Rollbild“ bei der Nürnberger N-Ergie
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So wird das Runde zur Geraden: Die „Kreis“ -Künstler vor dem Werk „Kreis-Rolle“ von Peter Thiele.
N-Ergie So wird das Runde zur Geraden: Die „Kreis“ -Künstler vor dem Werk „Kreis-Rolle“ von Peter Thiele.

NÜRNBERG - Die „Kreis“-Ausstellung „Bildrolle - Rollbild“ bei der Nürnberger N-Ergie

Nach der Sondierung schaut sich’s leichter: Hat man im Erdgeschoss des N-Ergie Centrums erst einmal die Ausstellung „Bildrolle — Rollbild“ der dort wieder einmal gastierenden Nürnberger Künstlergruppe „Der Kreis“ gefunden (immer der Kundentoilette nach), lassen sich zum Beispiel Ursula Kreutz’ anrührende Selbstabwicklungen entdecken. Der Besucher kann Kreutz unter einer durchsichtigen, in den Boden eingelassenen und mit Wasser gefüllten Vertiefung liegen sehen oder mit ihr durch halbtransparente, zur Doppelspirale gefügte Bahnen spazieren. Auch sie selbst, obwohl nur in Einzelbildern auf die Flächen gedruckt, scheint sich zu bewegen.

Daneben verführt Hubert Baumanns verwunschener Schrott-Spielplatz zum Kurbeln: Dann heben und senken sich wasserspeiende Blechdosen, öffnet und schließt sich ein Vorhang aus Fischködern, reckt sich ein Knochen dem Einhorn entgegen, und über allem zuckelt die Zeit. Weniger originell, aber ebenso kreislaufend ist Rolf Fütterers Video „Autonomie“, in dem er die Möglichkeiten eines Filmbearbeitungsprogramms erschöpft und mit dem Zeigefinger droht: In eineinhalb Stunden räumen böse Bagger und Blechlawinen Hasen, Schmetterlinge und überhaupt die ganze Natur beiseite.

Zurück zur Natur geht’s auch feinfühliger, wie Thomas Grögler beweist: In einem skelettierten Kajak hat er sich farbbeschmiert zur Seite kippen lassen — wie die Inuit, die mit dieser „halben Rolle“ im Alter freiwillig aus dem Leben schieden. Der Abdruck einer letzten Lebensspur ziert nun drei blaue Stoffbahnen an der Wand; darunter hängt kopfüber das Bootsgerippe. Mit seiner archaischen, auch grausam erscheinenden Geschichte stellt Gröglers Komposition unaufdringlich die Frage: Wie wollen wir im Alter leben — und sterben?

Gleich über dem wuselnden Eingangsbereich mit Kundentresen schweben Hanns Herpichs Polyester-Hängematten so zart und dekorativ, dass man sie glatt übersähe, leuchteten sie nicht im werbewirksamen Magenta. Kunst muss im N-Ergie Centrum schon laut werden, um wahrgenommen zu werden.GK

N-Ergie Centrum (Südliche Fürther Straße 14): bis 5. Dezember, Mo-Fr 8-18 Uhr

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