Würzburger Bischof: 2010 war ein Horror-Jahr

58 Missbrauchs-Fälle durch Priester wurden im seinem Bistum aufgedeckt – aber: „Es gibt keinen Zusammenhang mit dem Zölibat“, glaubt der Kirchenfürst
WÜRZBURG Allein in diesem Jahr wurden im Bistum Würzburg 58 teilweise zurückliegende Fälle von sexuellem Missbrauch durch Priester aufgedeckt. Mit dem Zölibat hat aber die Flut an Kinderschändungen nach Ansicht des Würzburger Bischofs Friedhelm Hofmann nichts zu tun.
Nachdem die Diskussion um die Übergriffe durch Kirchenmänner nicht zuletzt durch den Skandal um Hofmanns Ex-Kollegen Walter Mixa heuer eine neue Dimension erreicht hatte, ist für Hofmann 2010 „nicht nur hier in Würzburg das schlimmste Jahr, das ich seit meiner Priesterweihe 1969 erlebt habe“.
„Schuld muss aufgearbeitet und bekannt werden. Es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden“, findet der Kirchenfürst. An einer der Grundfesten des Katholizismus, der vorgeschriebenen sexuellen Enthaltsamkeit, mag Hofmann aber nicht rütteln: „Ich habe festgestellt, dass diese Fälle in keinem Zusammenhang mit dem Zölibat stehen. Das ist eine Frage der Unreife und des falschen Umgangs mit der eigenen Sexualität.“ Von daher sei die Zölibatsfrage nicht aufzurollen, vielmehr stelle sich Priestern die Frage „Wie gehe ich mit meiner Sexualität um?" Zudem ereigne sich „die übermächtige Zahl der Missbräuche in Familien“. Hier sei die Kirche gefordert: „Familien stärken – um der Kinder willen.“
Ganz allgemein solle sich die Kirche wieder mehr in gesellschaftliche Debatten einmischen: „Wir müssen für die Schwachen das Wort erheben und für sie eintreten. Und da muss auch die Bischofskonferenz flexibel sein. Es dürfen nicht immer Zeiträume verstreichen, bis wir uns treffen.“ Hofmanns Sorge: „Wir müssen darauf aufpassen, dass Deutschland eine gesunde Mittelschicht behält. Die Schere zwischen Arm und Reich darf nicht weiter auseinandergehen.“ dpa/azn