Wollte diese Dicke aus Neid ihre schöne Mitbewohnerin vergiften?

Bizarrer Prozess um versuchten Giftmord an einer 20-Jährigen in Würzburg: Wollte die drei Jahre ältere Angeklagte an der Untermieterin ihren Frust auslassen?
WÜRZBURG Eine wegen versuchten Giftmordes an ihrer Mitbewohnerin angeklagte junge Frau hat zum Prozessauftakt vor dem Würzburger Landgericht die Tat weitgehend eingeräumt. Eine Tötungsabsicht bestritt sie allerdings. Sie habe lediglich die Wirkung eines Schmerzmittels an ihrer Untermieterin ausprobieren wollen, beteuerte sie. Die Staatsanwaltschaft legt der 23 Jahre alten Altenpflegehelferin zur Last, ihre drei Jahre jüngere Mitbewohnerin am 12. Oktober 2009 in ihrer Wohnung mit 131 Milligramm des starken Schmerzmittels „Tilidin“ heimtückisch vergiftet zu haben.
Sie habe seit längerer Zeit Selbstmordgedanken gehabt, wollte aber um jeden Preis schmerzfrei aus dem Leben scheiden, gab die Angeklagte vor Gericht an. Deshalb habe sie das Medikament mit Hilfe einer Injektionsnadel heimlich in eine Milchpackung der Mitbewohnerin gespritzt. Als dem Opfer übel wurde, sei dieses Medikament für sie „nicht mehr in Frage“ gekommen, sagte die kräftig gebaute Frau.
Das Aussehen der mutmaßlichen Täterin, die seit Mitte Oktober in U-Haft sitzt, soll nach Auffassung der Staatsanwaltschaft einer der Gründe für die Tat gewesen sein. Die Angeklagte „litt massiv unter ihrer mangelnden Attraktivität und dem Verlust ihres Arbeitsplatzes“, betonte Staatsanwalt Peter Weiß. Daraus sollen sich – in Verbindung mit einer depressiven Verstimmung – „Hassgedanken“ gegenüber der schlanken, zierlich gebauten und im Leben erfolgreichen Mitbewohnerin entwickelt haben. „Sie wollte ihre Frustration an der Mitbewohnerin auslassen“, heißt es in der Anklageschrift, der ein psychiatrisches Gutachten zugrunde liegt.
"Ich habe mich gut mit ihr verstanden"
Die Angeklagte und ihr Opfer kannten sich erst kurze Zeit, die Studentin war nur fünf Tage vor der Tat in die Wohnung gezogen. Einen ersten Vergiftungsversuch soll es bereits drei Tage nach ihrem Einzug gegeben haben: Da bemerkte die Studentin weiße Ausflockungen und einen bitteren Geschmack, als sie einen Schluck aus ihrer Wasserflasche nahm. Es waren Rückstände von Tilidin und des Hustenmittels Capval, mit dem die Angeklagte das Wasser versetzt hatte.
Um den Geschmack des Medikaments zu verschleiern, spritzte sie es zwei Tage später in die Milch, mit der sich das Opfer einen Milchkaffee zubereitete. Herzrasen, Kreislaufprobleme und schwere Übelkeit waren die Folge. Die Angeklagte habe den Tod der Studentin billigend in Kauf genommen, sagte der Anklagevertreter.
„Es gab keine Neidgefühle und keinen Hass. Ich habe mich gut mit ihr verstanden“, entgegnete die Altenpflegehelferin. Sie habe die Wirkungsweise des Schmerzmittels nur an ihrer Untermieterin ausprobieren wollen. Das Tilidin ließ sie irgendwann in einem Pflegeheim mitgehen. Wie das Mittel bei Patienten wirkt, wisse sie aus ihrer beruflichen Praxis: „Ich wollte die Wirkung bei einem gesunden Menschen testen.“ Nach der Tat trank sie selbst von der vergifteten Milch, um den Verdacht von sich abzulenken. Sie selbst zeigte der Mitbewohnerin die neun Einstiche in der Milchpackung. Die 20-Jährige rief den Rettungsdienst, beide Frauen wurden im Krankenhaus behandelt, es bestand aber keine Lebensgefahr.
Das Opfer, das in Würzburg eigentlich ein Lehramtsstudium beginnen wollte, verließ anschließend die Stadt: „Ich habe mich in Würzburg nicht mehr sicher gefühlt und bin nach der Tat in ein tiefes Loch gefallen.“ Auch nach einer psychologischen Behandlung sind die Folgen für sie noch nicht überstanden: „Es kommt immer wieder hoch.“ Der Prozess wird morgen fortgesetzt. ddp/azn