Wollen Sie als Hexe abtreten, Frau Pauli?

Mit Gottvertrauen und einem Schuss Esoterik. Gabriele Pauli im AZ-Interview über Beckstein, Hochseil-Akte und Bundeskanzlerin Angela Merkel Busen.
Frau Pauli, haben Sie schon mal auf einem Hochseil balanciert?
GABRIELE PAULI: Ja. Das war richtig toll. Ich war mit meinen Mitarbeitern im Hochseilgarten von Hubert Schwarz.
Der ist Extremsportler und Mental-Coach und propagiert: Überwinde Grenzen! Entdecke den Sieger in dir!
Auf dem Hochseil nimmt man schon Erkenntnisse mit.
Welche?
Für mich war wichtig zu erkennen: Man hat im Leben vor manchen Dingen Angst und braucht sie gar nicht haben. Wenn man die selben Sachen, die man in sieben Meter Höhe macht, in einem halben Meter Höhe macht, geht's ganz locker. Sobald man aber da oben steht, kann man die einfachsten Dinge nicht mehr tun. Das spielt sich nur im Kopf ab. Wir sind zu viel mehr fähig, als wir glauben.
Wie haben Sie den Mut gefunden, Ihre innere Grenze zu überwinden?
Man ist ja total angeseilt. Da kann einem gar nichts passieren. Das muss man sich bewusst machen. Im Leben ist das doch auch so. Wir sind doch alle gesichert. Wir sind oben angebunden.
Aha, wer sichert uns denn alle?
Das hängt mit dem Glauben zusammen. Alles was passiert, ist in Ordnung. Man muss Vertrauen haben, dass der Himmel es gut mit einem meint. Dadurch wird man frei.
Aber im richtigen Leben sind Sie gefallen. Wie fühlt sich's denn da unten an?
Ich bin nicht gefallen.
Edmund Stoiber ist weg - und Sie auch. In ein paar Tagen räumen Sie Ihren Schreibtisch. Sind Sie Leidensgenossen geworden?
Naja. Ich leide nicht. Ob er leidet, weiß ich nicht. Vielleicht war's ja für ihn eine Befreiung.
Für Sie auch?
Ja, denn ich bin mittendrin in meinem Leben und das wird weitergehen.
Keine Spur von Wehmut?
Ich halte mich nicht damit auf, zurückzublicken. Ich Freude mich auf das, was kommt. Dass ich meinen Plänen und Wünschen nachgehen kann, die sich jetzt erst entwickeln. Das alles vor sich zu sehen, ist schön.
Was haben Sie für Pläne, was werden Sie künftig tun?
Ich will im Augenblick leben. Ich lasse alles auf mich zukommen. Meine neu gewonnene Zeit werde ich nicht gleich wieder verplanen.
Haben Sie keine Angst vor Ihrer Zukunft?
Nein, die wird schon werden, weil Zukunft immer wird.
Ihr Kreistag hat Sie doch auch nicht am Seil gesichert, sondern hat Ihnen Ihre Rente verwehrt. Von was werden Sie jetzt leben?
Ich weiß, dass für viele Menschen nicht nachvollziehbar ist, wie man so ein schönes Amt mit einem guten Gehalt aufgeben kann. Weil ich keine Angst habe, kann ich es aufgeben. Es war eine schöne Zeit in meinem Leben. Aber es muss ja nicht die einzige gewesen sein. Ich will jetzt erstmal alle meine Möglichkeiten entdecken.
Bei Ihrem Hochseil-Trainer Hubert Schwarz lernt man aber auch: „Das Ziel muss im Kopf sein, denn der Horizont verheißt nur Unendlichkeit!" Haben Sie da nicht aufgepasst?
Ein Ziel kann ja auch abstrakt sein. Ich will, was alle Menschen wollen: im Leben glücklich sein.
Werden Sie vor Gericht ziehen, damit Sie Ihre Rente bekommen?
Das weiß ich noch nicht. Da muss ich mir erst die Begründung des Kreistags anschauen.
Sind Sie glücklicher ohne die CSU?
Das war am Ende schon eine Belastung. Ich kann mich frei machen und auch ohne Partei vertreten, was ich für richtig halte. Unpolitisch bin ich dadurch ja nicht geworden.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Ich bin glücklich. Alles, was passiert, bringt mich weiter. Ich bin mit mir im Einklang.
Sie haben erreicht, dass Edmund Stoiber gehen musste. Haben Sie Angst um Ihre ehemalige Partei mit dem Tandem Beckstein und Huber?
Beckstein hat ja erklärt, er sehe sich als Übergangsministerpräsident. Aber wie das so oft ist, wenn dann einer an der Macht ist, hat er wohl auch keine Lust mehr, sie abzugeben. Und im Moment hört man davon auch gar nichts mehr. Erfolgreich ist das Tandem ja gerade nicht.
Was machen Huber und Beckstein falsch?
Sie haben Angst vorm Wähler.
Müsste das Tandem auch auf's Hochseil?
Das alleine bringt es nicht. Beckstein sollte das tun, was er versprochen hat, den Übergang einleiten.
Was raten Sie ihm?
Die Linie, die Beckstein vertritt, ist wie die von Stoiber. Die Partei bewegt sich immer noch in den selben verkrusteten Strukturen. Er sollte noch vor der Landtagswahl ankündigen, wer sein Nachfolger wird, ein geistig junges Team präsentieren und sagen, wie er sich den Übergang vorstellt. Damit der Wähler weiß, wer künftig das Sagen hat. Und damit Bayern wieder merkt, da ist Aufbruch mit neuem Schub dahinter.
Denken Sie da an Markus Söder, Ihren alten Freund, der mittlerweile ihr Intimfeind geworden ist?
Jung an Jahren allein reicht nicht. Es gibt ja auch erfahrene Ältere, die frische und aufgeschlossene Ideen haben.
Dann sagen Sie doch ein paar Namen.
Die CSU-Führungselite versammelt sich ja im Parteivorstand. Die sind alle umgekippt und rückgratlos geworden, weil sie alle ihre Ämter behalten wollen. Bayern hat ein großes Potential an fähigen politischen Köpfen, die sich nicht unbedingt in der CSU organisieren wollen.
Also hat die CSU Ihrer Ansicht nach niemanden. Wäre es für das Glück ihrer Ex-Partei besser, wenn sie in die Opposition müsste?
Es wäre für die CSU zwar unvorstellbar, aber es würde sich in Bayern einiges ändern. Die CSU müsste dann mal umdenken, sich mit anderen arrangieren, nicht alles im stillen Kämmerlein beschließen. Auch viele Stellen beim Staat würden dann mal durchgemischt.
Wünschen Sie sich das?
Es gibt wohl nur diesen Weg, damit die CSU wieder wahrnimmt, was die Menschen wollen.
Wollen die Menschen eine Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich offiziell mit viel Busen zeigt?
Es ist doch eine Frage, was man hineindeutet. Wie bei den Latexhandschuhen. Auf den Fotos sah Frau Merkel hübsch aus. Aber wenn sich die Phantasie in Gang setzt, kommen wieder Bewertungen. Da verraten sich doch einige selbst und zeigen ihre Hintergedanken. Warum sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht endlich mehr von ihrer Weiblichkeit zeigen?
Zur Phantasie: Ausgerechnet in der Walpurgisnacht werden Sie Ihrem Nachfolger den Amtsschlüssel übergeben. Als Ort haben Sie die Cadolzburg ausgesucht. Planen Sie einen Hexensabbat? Wollen Sie als Hexe abtreten?
So ein Zufall aber auch! Wenn man so einen Tag mit der Walpurgisnacht verbindet, dann heißt das, mal was Unkonventionelles zu tun, frei zu leben. Es ist halt nun mal so, der letzte Tag für alle kommunalen Mandatsträger in Bayern ist die Walpurgisnacht.
Von Angela Böhm