Wolfgang Schreil, der Wildtier-Flüsterer aus dem Bayerischen Wald

Wolfgang Schreil sorgt für die Bewohner des Bayerwalds – für ihn die Erfüllung eines Traums. Über einen Mann im Einklang mit der Natur.
von  Sonja Esmailzadeh
Kleines Häschen, große Hände: Schreil mit seinem Schützling.
Kleines Häschen, große Hände: Schreil mit seinem Schützling.

Bodenmais - Für die einen ist Wolfgang Schreil der kauzige Tierflüsterer mit grünem Spitzhut und kleinen Eichhörnchen in der Hemdtasche. Für die anderen ist er einfach der "Woid Woife“ aus Bodenmais, der tief im Bayerischen Wald am Fuße des Großen Arbers zu Hause ist. "Die Liebe zu Tieren und der Natur – das ist einfach mein Leben. Die sollten wieder mehr Menschen entwickeln", findet Schreil.

Sein Haus, das er sich mit seiner Frau, einem Hund, drei Katzen und aktuell drei Eichhörnchen und einem Feldhasen teilt, liegt versteckt in einem Hof mit Blick auf Schreils Lieblingsberg, den Hochzell. Dort hat alles begonnen. Schreil kämpfte damals gegen die geplante Seilbahn und den Tourismus auf dem Berg. "Dass das inzwischen ein erweitertes Schutzgebiet ist, hätte ich mir nicht träumen lassen", sagt er.

Vorsichtig hebt er ein Eichhörnchen nach dem anderen aus dem Käfig, füttert sie, hilft beim Bieseln – das können Babys noch nicht allein – und lässt sie in seiner Hemdtasche verschwinden. Zärtlich streichelt er ihnen über den Rücken. Dass Schreil, der mit 19 deutscher Meister im Steinheben war, bei Wettbewerben mal 180-Kilo-Steine stemmte, Bagger-Schaufeln schleppte oder Lastwagen hinter sich herzog, kann man sich gar nicht vorstellen, auch wenn Schreil heute noch an einen lieben Brummbären erinnert.

Wolfgang Schreil: Oft lieber bei Tieren als bei Menschen

Nach zwei Schlaganfällen und einem Bandscheibenvorfall vor zwei Jahren musste Schreil auch seinen Job als Totengräber an den Nagel hängen. Nun hält er Vorträge, bietet Wanderungen an und publiziert auch Bücher. "Die Natur war immer Bestandteil meines Lebens – aber wenn ich damit etwas Geld verdienen kann, umso besser." Er würde sich zwar wünschen, dass mehr Menschen den Zugang zur Natur wiederfinden. Denn Schreil ist immer wieder erstaunt, wie wenig die Menschen noch über heimische Arten wissen. "Aber einen Ferrari-Fahrer kann man nicht bekehren. Ich möchte einfach nur zeigen, wie vielfältig unsere Heimat ist."

Kleines Häschen, große Hände: Schreil mit seinem Schützling.
Kleines Häschen, große Hände: Schreil mit seinem Schützling.
Kleines Häschen, große Hände: Schreil mit seinem Schützling. Foto: ses

Er selbst zieht die Natur häufig allem anderen vor. "Ich bin oft lieber bei Tieren, als bei Menschen." Der Wildtier-Retter päppelt seine Schützlinge auf und setzt sie dann wieder aus. „Bei den Eichhörnchen ist es in ein paar Wochen so weit.“ Genau wie beim Feldhasen auf dem Holz-Balkon. Namen gibt er den Tieren selten, er möchte sich nicht zu sehr an sie gewöhnen. Seine Tier-Fotos teilt er auf Facebook.

Der Name "Woid Woife" ist eine geschützte Marke

Dass Technik und Natur Gegensätze sind, findet Schreil nicht. "Nicht alles am Fortschritt ist schlecht, uns geht es ja gut. Früher war das hier ein Armenhaus, durch das man hart arbeitend, hungernd und mit nackten Füßen ging." - "Und", ergänzt der Woidler, "der Fortschritt hat mir ja auch zu meiner Popularität verholfen". Den Namen Woid Woife hat er sich inzwischen als Marke schützen lassen. Jeden Tag fährt er ein Stück weiter in den Wald. Der Weg führt von der Straße, vorbei an einem kleinen Förstersitz, über einen kurzen, schmalen Pfad. Plötzlich taucht ein dunkelgrüner Bauwagen auf – Schreils Rückzugsort und Kleinod. "Den hab ich mal gekauft und einen Freund, dem der Wald gehört, gefragt, ob ich den hier abstellen darf." 

Rückzugsort: Wolfgang Schreil vor seinem Bauwagen im Wald.
Rückzugsort: Wolfgang Schreil vor seinem Bauwagen im Wald.
Rückzugsort: Wolfgang Schreil vor seinem Bauwagen im Wald. Foto: ses

Warum ihm die Tiere aus der Hand fressen, kann Schreil nicht beantworten. "Meiner Frau fressen die nicht einfach so aus der Hand, da muss ich mich hinter sie stellen." Ob ihm der Abschied von den Tieren jedes Mal schwerfällt? "Bei manchen Tieren schon. Aber viele kommen auch zum Bauwagen zurück." 

So wie ein rotes, buschiges Eichhörnchen, dem Schreil auch den Namen Fridolin gegeben hat. "Der ist mir schon sehr ans Herz gewachsen, deshalb hat er auch einen Namen." Schreil widerstrebt die Rücksichtslosigkeit im Umgang mit der Natur. Sorge macht ihm das Insektensterben. Sein Appell lautet: "Was man liebt, muss man schützen."

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