Wo sich alle wohlfühlen

Jeden Montag gibt es „Das Treffen“: Wie der Musikverein im Nürnberger KuKuQ seit 25 oder 33 Jahren plant.
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Immer auf der Suche nach Talenten: Das Team des Musikvereins im KunstKulturQuartier.
Berny Mayer Immer auf der Suche nach Talenten: Das Team des Musikvereins im KunstKulturQuartier.

NÜRNBERG - Jeden Montag gibt es „Das Treffen“: Wie der Musikverein im Nürnberger KuKuQ seit 25 oder 33 Jahren plant.

„Der Wurm muss uns schmecken, nicht dem Fisch“, sagt Evi Herzing vom Musikverein selbstbewusst. Das zeigt zum einen eine Spur von Geschmacksfestigkeit, die in Zeiten von Casting-Irren und Formatradio- Berieselung wichtig ist. Es gibt zu viel gute Musik, die mangels Marketingetat nie bekannt wird. Zum anderen zeigt es auch eine gewisse Arroganz. Die muss nicht zwangsläufig gut sein, kann es aber, da sie ja nicht allein von Evi ausgeht, sondern vom gesamten Musikverein. Bleibt die Frage: Was genau macht der nun eigentlich?

Der Widerspruch, viele verschiedene Meinungen und das Chaos sind Teil des Konzeptes des Musikvereins – das fängt mit den Daten an. Seit wann Manfred Beck, Vorstand des Vereins, schon dabei ist? „Äh. So... ein paar Jahre“ antwortet er dann. Fragt man Evi Herzing, die Halbtageskraft des Musikvereins das Gleiche, lautet die Antwort: „Oh. Habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Nicht so lange wie Manfred. Schreib... fünf Jahre.“ Wie viele Leute momentan im Verein aktiv sind? „Oh. Äh. So um die, naja, 15. Ja, doch. Schon.“ Oder seit wann es den Musikverein gibt? Auf einem Flyer steht „seit über 25 Jahren“, auf einem anderen „seit 33 Jahren“. Man lernt: Es muss nicht immer perfekt durchorganisiert sein. Und das ist der Musikverein nicht.

Und doch gibt es ihn, seit 25 oder 33 Jahren, und er veranstaltet seitdem Konzerte, meist im Zentralcafe des K4, jetzt KuKuQ. Es gibt einen Vorstand, eine Halbtagesstelle für administrativen Dinge. Dann gibt es jeden Montag um 20 Uhr „das Treffen“. Hier werden in lockerer Atmosphäre die kommenden Konzerte besprochen.

Das läuft so: Den Musikverein erreichen pro Woche zwischen 50 und 100 Konzertanfragen, von internationalen bis hin zu lokalen Bands. Die werden an die Mitglieder weitergeleitet. Finden ein paar davon eine Band so gut, dass sie unbedingt in Nürnberg spielen sollte, wird diskutiert, ob genügend Besucher kommen würden, also ob der Auftritt finanzierbar ist. Dann wird die Band gebucht, es werden Plakate geklebt und letztendlich wird die Band bekocht. Zur Not werden die Bandmitglieder zum Übernachten auf Privatwohnungen verteilt. „Wir wollen, dass sich alle wohlfühlen“, sagt Manfred Beck.

Längst macht der Musikverein nicht nur Konzerte. Auch DJ-Sets gibt es. Am populärsten: Der „Bukovina-Club“ von dem mit dem BBC World Music Award ausgezeichneten DJ Shantel, der zu einer Erfolgsveranstaltung wurde. Schließlich heißt der Verein ja auch „Verein zur Förderung der zeitgenössischen Musikszene Nordbayern e. V.“ Da sind gute DJs nicht ausgeschlossen. Und: Die Erlöse etwa vom Bukovina-Club kommen dann wieder den unbekannten Bands zugute, die letztendlich ein Draufzahlgeschäft sind.

Der Musikverein erhält einen städtischen Zuschuss von rund 10000 Euro jährlich – doch der geht mit den Fixkosten drauf. Der Rest des Budgets, also Gagen, Technik etc. wird durch die Eintrittserlöse und die Gastro-Einnahmen aus dem Zentralcafe gestemmt. Was übrig bleibt wird investiert, meist in Technik. „Letztes Jahr haben wir uns eine neue Eismaschine gekauft“, sagt Manfred Beck.

Weil Geld immer knapp ist, funktioniert der Musikverein nur in der D.I.Y.-Variante. Das steht für Do it Yourself. Das umfasst alles, vom Booking bis zum Plakatekleben, heißt für die Musikbegeisterten aber auch: Mach es selbst, weil es sonst keiner tut.

Beim Nürnberger Musikverein spielten die Stars der Pop- und Rockszene, bevor sie dazu wurden. „Calexico“, „Trail Of Dead“ oder „The White Stripes“. Am Ende bleibt ein frommer Wunsch: „Wir wünschen uns eine lebendige Pop- und Subkultur in der Stadt, die sich auch über Genre-Grenzen hinaus befruchtet.“ Amen! Martin Mai

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