Wo „Der Alte“ auf dem Feldherrnhügel thront

Die AZ stellt den Pokalgegner des Club, die SV Elversberg vor, verrät, warum sich die Reise lohnt – und dass der Regionalligist große Töne spuckt
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Ohne ihn geht nichts bei der SV: Ex-Bundesligakicker Frank Holzer ist Mäzen und Vorstand, steht immer unter dem linken Flutlichtmast im Waldstadion Kaiserlinde.
Andreas Schlichter Ohne ihn geht nichts bei der SV: Ex-Bundesligakicker Frank Holzer ist Mäzen und Vorstand, steht immer unter dem linken Flutlichtmast im Waldstadion Kaiserlinde.

Die AZ stellt den Pokalgegner des Club, die SV Elversberg vor, verrät, warum sich die Reise lohnt – und dass der Regionalligist große Töne spuckt

NÜRNBERG/ELVERSBERG Die saarländische Gemeinde Spiesen-Elversberg mit ihren 13776 Einwohnern steht Kopf. Alle hoffen auf den nächsten Coup im Cup! Nach Erstligist Hannover 96, der dort in der ersten Pokalrunde 4:5 nach Elfmeterschießen verlor, soll heute Abend (20.30 Uhr) auch dessen fränkischer Klassenkamerad im Waldstadion Kaiserlinde in die Flucht geschlagen werden. Bürgermeister Reiner Pirrung von der CDU sagt vor dem Spiel des Jahres seiner SV Elversberg gegen den 1. FC Nürnberg: „Wir sind motiviert, einen Großen zu schlagen. Jetzt trifft es den Club. Und in der nächsten Runde die Bayern.“

Nachdem Politiker selten halten, was sie versprechen, stellt sich natürlich die Frage, wer oder was ist Elversberg überhaupt? Die AZ liefert die Antworten.

SV Elversberg: Viel Tradition, aber wenig Erfolg

Der Verein: Die SV, die Sportvereinigung mit aktuell 650 Mitgliedern, wurde 1907 als FC Germania Elversberg gegründet, machte sich nach dem Zusammenschluss aller Elversberger Vereine nach dem zweiten Weltkrieg 1952 jedoch wieder selbständig: als SV Elversberg VfB 07. Für höhere Weihen als die vormalige, drittklassige Oberliga (1980 bis ’87 und 1994 bis ’96) reichte es allerdings nie. Da waren die hiesigen Billard-Spieler schon besser. Anno dunnemals, genauer gesagt 1921, waren diese in der Bundesliga vertreten. Größte Erfolge der Fußballer: zuletzt zwei Mal in Folge Saar-Pokalsieger und damit die Qualifikation für den DFB-Pokal.

"Grantler" Holzer hat den Verein fest im Griff

Der Macher heißt Frank Holzer, ist Geschäftsführer von Hauptsponsor Ursapharm und absolvierte zwischen 1976 und ’80 66 Erstliga-Spiele für Eintracht Braunschweig (drei Tore). Fast ehrfürchtig wird der als „Grantler“ verschriene Mäzen und SVE-Aufsichtsrats-Boss nur „Der Alte“ genannt. Die Schlüsselpositionen hat der 57-Jährige ausschließlich mit Mitarbeitern aus seiner Firma besetzt. Präsident ist Norbert Glaub, Schatzmeister Heiner Kraus und Geschäftsführer Wolfgang Marx.

Wie viel vom rund zwei Millionen Euro schweren Etat allein Holzer in den Verein buttert, ist sein großes Geheimnis. Insider sprechen von einem „Löwenanteil“. Allerdings hinkt die SVE den eigenen Erwartungen mit Platz zehn in der Regionalliga West weit hinterher. Holzer will, „ganz vorne mitspielen. Zum Aufstieg benötigt man aber auch Glück.“ Seinen bevorzugten „Tatort“ hat „Der Alte“ im Stehblock unter dem Flutlichtmast rechts von der Haupttribüne. Holzers Stammplatz wird spöttisch als „Feldherrnhügel“ bezeichnet.

"Königsbienen" wurde der Stachel gezogen

Der Trainer: Günther Erhardt führt ein eisernes Regiment, sorgt bisweilen mit seiner kauzigen Art aber auch für Lacher. Nach zuletzt vier Spielen ohne Sieg und nur einem Punkt, wurde der 49-Jährige gefragt, ob er denn die Mannschaft noch erreiche. Antwort: „Eine Scheiß-Frage. Ich stehe hier, die Mannschaft ist aber in der Kabine. Wenn ich wieder dort bin, habe ich die Mannschaft wieder erreicht.“

Wobei Erhardt scheinbar auch allergisch auf Insekten reagiert. Während und nach der letzten Saison zog er den Stammkräften Thomas Drescher, Robert Paul und Adnan Masic den Stachel. „Diese Köningsbienen“, frotzelte Erhardt, seien „Unruheherde“, würden das Gesamtgefüge kaputt machen.

Frantz stand früher mit einem Idrissi-Trikot im D-Block

Das wahnsinnige Genie: Qualitativ könnte Faysal El Idrissi locker in Liga zwei mithalten. Problem: Der Edeltechniker und Freistoß-Scharfschütze (zuvor in Saarbrücken, beim FC Luzern und Coventry City unter Vertrag) firmiert charakterlich unter der Rubrik „wahnsinniges Genie“. Nachdem er vor zwei Wochen beim 1:2-K.o. gegen Verl ausgewechselt wurde, trat der Franzose mit nordafrikanischen Wurzeln die Kabinentür ein. Was Trainer Erhardt rätseln lässt, ob er wirklich alle Königsbienen zu Strecke gebracht hat. Notiz am Rande: Club-Flügelflitzer Mike Frantz stand früher mit einem El-Idrissi-Trikot im berüchtigten Saarbrücker D-Block.

Die Probleme: Torjäger Marcus Fischer (sechs Treffer in zehn Spielen) fällt mit Meniskusriss aus, Emre Güral bleibt nach Knie-OP nur die Jokerrolle. Und mit ihrem bevorzugten Kurzpass-Spiel wird sich die SVE auch schwer tun. Denn der Rasen präsentiert sich wie in jedem Herbst, zu wenig Sonneneinfall, zu viel Staunässe, als Acker. Und wäre daher besser geeignet, um die im Saarland mehrfach prämierten Bio-Knollen „Belana“ (festkochend) oder „Laura“ (mehlig) anzubauen.

Die besten Bratwürste weit und breit

Die Fans: „Horda Fanatica“ nennt sich der harte Kern aus Block C unter den durchschnittlich 400 Zuschauern. Heute Abend ist die Kaiserlinde mit 8000 Besuchern allerdings ausverkauft. Kulinarischer Tipp: die SVE-Gastronomie grillt angeblich die besten Bratwürste weit und breit. Die „Rote“ oder „Weiße“ gibt’s für 2,20 Euro.

Elversberg ist die 350 Kilometer weite Anreise für die 800 Club-Fans wert. Und sportlich wird Trainer Dieter Hecking schon dafür sorgen, dass Bürgermeister Pirrung die Bayern auch künftig nur im Fernsehen anschauen kann. M. Löser, K. Kaufmann

Mehr über den Club und welcher Premier League-Verein angeblich scharf auf Ilkay Gündogan ist, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer Abendzeitung am Mittwoch, 27. Oktober.

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