Wirtschaftsreferent gegen Dekan: Zoff um Glühweinbuden!
Herrscht in der Innenstadt zu viel Party? Rund 300.000 Besucher kamen zum Start des Christkindlesmarkts
NÜRNBERG Erfolgreicher Auftakt trotz Bibber-Temperaturen: Rund 300.000 Besucher strömten am Eröffnungs-Wochenende auf den Nürnberger Christkindlesmarkt! Doch hinter den Kulissen der „Stadt aus Holz und Tuch“ tobt eine hitzige Debatte. Es geht vor allem darum, ob außerhalb des Marktes inzwischen zu viel Party herrscht. Oder ob Nürnberg als selbsternannte „Weihnachtsstadt Nummer Eins“ das zusätzliche Angebot an Glühwein- und Imbissbuden und sonstigen Verkaufsständen vielleicht sogar braucht, um sich gegen die Konkurrenz zu profilieren.
Zu den vehementen Kritikern des Weihnachts-Rummels zählt Stadtdekan Michael Bammessel. Der Kirchenmann ärgert sich: „Früher war der Weihnachtsmarkt ein strikt abgegrenzter Bereich.“ Mittlerweile jedoch blühe „der Wildwuchs“. Bammessel findet es traurig, dass immer mehr Touristen wie Einheimische den Besuch in der City nur noch dafür nutzen, „um sich volllaufen zu lassen“. Die Großzügigkeit, mit der die Stadt Genehmigungen für zusätzliche Buden erlasse, schade auf Dauer auch der Wirtschaftlichkeit des Christkindlesmarkts: „Diese Marke muss einfach besser gepflegt werden!“
Ins gleiche Horn stößt sogar ein echter Weihnachts-Veteran: Engelbert „Sepp“ Kainz, der seit 35 Jahren auf dem Christkindlesmarkt Glühwein ausschenkt, findet: „Rund um den Markt gibt’s viel zu viele Glühwein-Ausgabestellen!“ Manche Gäste seien oft schon betrunken, wenn sie überhaupt erst zum Hauptmarkt kommen: „Das hat mit Besinnlichkeit nichts mehr zu tun.“
80 bis 100 Millionen Euro Umsatz durch Weihnachts-Touristen
Wirtschaftsreferent Roland Fleck (CSU) ist kraft Amtes praktisch der Chef des Christkindlesmarkts. Er kontert: „Denen, die meckern, geht’s doch nur um die eigenen Interessen.“ Und Bammessels Aussagen hält er entgegen: „Die Vergabe-Regelung für Buden außerhalb des Hauptmarkts hat inzwischen seit sieben Jahren Bestand.“ Mitnichten gebe es zu viel Weihnachten in der City: „Im Dezember lebt die Fußgängerzone doch von diesem Flair.“
Unstrittig ist: Weihnachten rechnet sich für die Stadt und ihre Geschäftsleute: Auf „80 bis 100 Millionen Euro“ schätzt Fleck die Gesamt-Umsätze durch Weihnachts-Fans aus Nah und Fern. Zu den 380.000 Euro allein an Gebühren, die der Christkindlesmarkt ins klamme Stadtsäckel spült, kommen noch weitere 65.311 Euro durch so genannte Sondernutzungen, etwa für die Glühweinstände in der Königstraße und vor der Lorenzkirche, die Kinderweihnacht am Hans-Sachs-Platz oder die Feuerzangenbowle an der Fleischbrücke.
Ohnehin scheint das Meckern über die vermeintliche „Überdosis Weihnachten“ in der City eher ein Nürnberger Phänomen zu sein: „In anderen Städten sind die Exzesse doch viel schlimmer“, sagen etwa die Touristinnen Gela und Sabine aus Mainz. Gerrit aus Leipzig findet den Caipirinha an der Feuerzangenbowle „einfach nur klasse“, während ihm der Markt nebenan „viel zu überlaufen“ ist. Und Gloria und Giorgia aus Mailand halten das weihnachtliche Nürnberg für „sehr romantisch“. Trotz pinkfarbener Nikolaus-Mützen auf den Köpfen – oder vielleicht gerade deswegen...
Steffen Windschall
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