Wird Herzog Franz von Bayern König von Schottland?

Wird Herzog Franz, Chef des Hauses Wittelsbach, nach der Abstimmung König von Schottland? Sogar Ansprüche auf den französischen Thron wären möglich.
Robert Braunmüller |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Wird Herzog Franz von Bayern König von Schottland? Möglich wäre es...
dpa/Fotomontage AZ Wird Herzog Franz von Bayern König von Schottland? Möglich wäre es...

Trägt er in Schloss Nymphenburg hinter heruntergezogenen Vorhängen heimlich einen Schottenrock? Keiner weiß es. Öffentlich hat sich der Chef des Hauses Wittelsbach nie dazu bekannt, als Francis II. über England, Schottland, Irland und Frankreich regieren zu wollen. Aber nie in seinem langen Leben war Herzog Franz von Bayern einem Thron näher als in diesen Tagen.

Britische Zeitungen spekulieren über die Ansprüche des 81-Jährigen auf das Amt des schottischen Monarchen. Denn er ist der Prätendent der Stuarts. „Na und?“, denkt sich unsereiner als Republikaner achselzuckend. Doch sollten die Schotten am Donnerstag in einer Volksabstimmung den Austritt aus dem Vereinigten Königreich beschließen, stellt sich neben der dringlicheren Frage nach einer Währung auch die der Staatsform.

Nur eine Minderheit der Schotten will die Republik. Bleibt Schottland Monarchie, könnte es das Land wie die ehemaligen britischen Kolonien Neuseeland oder Australien regeln: Sie haben die englische Queen als Staatsoberhaupt behalten, die sich von einem Generalgouverneur vertreten lässt.

Für harte Nationalisten wäre das eine lauwarme „Unabhängigkeit light“. Die Queen behalten wollen jene Schotten, die auch beim britischen Pfund bleiben möchten. Eine Alternative böten die Stuarts. Das angestammte Herrscherhaus der Schotten stellte ab 1371 die Könige und regierte bis 1714 in Personalunion auch England.

Die Stuarts, ein Geschlecht blutiger Könige

Wer Friedrich Schillers „Maria Stuart“ im Deutschunterricht durchleiden musste, könnte zu der Vermutung gelangen, dass mit der Enthauptung dieser Königin auch das Herrscherhaus unterging. Weit gefehlt! Marias Sohn wurde als Jakob I. der Nachfolger ihrer Rivalin Elisabeth I. als erster gemeinsamer König von England und Schottland. Auf diese Zeit geht der „Union Jack“ zurück, die Überlagerung von englischem Georgskreuz und schottischem Andreaskreuz als Flagge des Vereinigten Königreichs.

Die Stuarts regierten – mit Unterbrechung durch die Militärdiktatur des Lordprotektors Oliver Cromwell – bis 1714. Sie kämpften mit dem erstarkten Parlament um die Macht und standen im Verdacht, den Katholizismus wieder einführen zu wollen. 1702 wurden ihre männlichen Nachkommen deshalb im „Act of Settlement“ von der Nachfolge ausgeschlossen.

In weiblicher Linie gingen die Stuarts im bis heute regierenden Haus Hannover auf. Auch englische Queen ist so gesehen eine Stuart, was schottische Nationalisten härterer Gangart allerdings empört von sich weisen würden. Denn die unterlegene männliche Linie, die sich auf den 1688 in der „Glorious Revolution“ vertriebenen König Jakob II. beruft, gab ihren Anspruch nicht auf. Noch 1745 versuchte „Bonnie Prince Charlie“ eine Invasion. Er scheiterte kläglich in der Schlacht von Culloden, wurde dafür aber zum Mythos der schottischen Freiheitskämpfer.

Als Urenkel der letzten bayerischen Königin Maria Theresia von Modena ist Herzog Franz über genealogische Umwege mit den Stuarts verwandt. Die letzten Jakobiten, Anhänger des 1688 abgesetzten Königs Jakob II., halten ihn daher für den legitimen Herrscher Schottlands.

Sogar Ansprüche auf den französischen Thron wären möglich

Wegen der damaligen Vereinigung der Länder ist Herzog Franz von Bayern für Fundamental-Monarchisten auch der legitime König von England und der Republik Irland, die 1921 aus dem Vereinigten Königreich ausgetreten ist.
Über die 1587 geköpfte Maria Stuart könnte Franz auch Ansprüche auf den französischen Thron geltend machen – aber die sind seit der Revolution 1789 naturgemäß nur sehr schwer durchzusetzen. Und auch die Bourbonen und Nachkommen Napoleons erheben ebenfalls ähnliche Ansprüche.

Der 1807 in Frascati bei Rom als Kardinal York verstorbene Henry Benedict Stuart scheint der letzte seines Geschlechts gewesen zu sein, der Ansprüche auf den schottisch-britischen Thron verfochten hat.

Man kann Herzog Franz auch nicht wirklich raten, Stuart-König zu werden. Nur fünf von den siebzehn Herrschern dieser Familie starben eines natürlichen Todes. Nach Maria Stuart verlor 1649 der englisch-schottische König Karl I. nach seiner Niederlage im englischen Bürgerkrieg den Kopf.

Und deshalb ist es aus bayerischer Sicht gut, dass die Wittelsbacher in absehbarer Zeit vom blutigen Erbe der Stuarts erlöst werden. Nach dem Tod des kinderlosen Herzog Franz wird sein Bruder Max Emanuel der nächste Jakobiten-Prätendent. Dann geht der Anspruch auf Joseph Wenzel II. von und zu Liechtenstein über.

Und der hat gegenüber anderen Erben einen unschätzbaren Vorzug: Er ist seit 200 Jahren der erste Stuart, der auf der britischen Insel geboren wurde. Beste Aussichten dafür, dass narrische Schotten nach ein paar Whiskys in der Krone weiter von der Monarchie der Stuarts träumen werden.

Und wir halten Herzog Franz für vernünftig genug, dass er sich über die Spekulationen eins grinst. Kommentare gibt er ohnehin nicht ab. Und dies eisern.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.