Wirbel um den falschen Volksfest-Pfarrer (62)

Ex-Altenheim-Leiter wurde als Hochstapler enttarnt – die Kirche zeigt ihn jetzt wegen Titelmissbrauchs an.
NÜRNBERG Er war mit Leib und Seele als Pfarrer tätig, vollzog Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Peinlich nur, dass Karl-Heinz Hollweg (62), evangelischer Seelsorger der Nürnberger Schausteller, nie ein Pfarrer war. „Wir werden ihn jetzt wegen Missbrauchs von Titeln anzeigen“, erklärte Regionalbischof Stefan Ark Nitsche gegenüber der Abendzeitung.
Er taufte und beerdigte wie ein Profi
Über Jahre hinweg war Karl-Heinz Hollweg Tröster und Ansprechpartner für die Schausteller, weihte im schwarzen Talar neue Verkaufsstände ein, taufte den Nachwuchs und soll auch die Beerdigung für den Vater des Präsidenten des Süddeutschen Schausteller-Verbandes gehalten haben – sehr würdig und mit bewegenden Worten.
„Er war wohl sehr beliebt, konnte auf die Leute zugehen“, weiß Dekan Wolfgang Butz, Leiter des Evangelischen Prodekanats Nürnberg-Süd. „Aber er war einfach kein Pfarrer, sondern ein talentierter Hochstapler.“
Ein echter Pastor hatte der Kirche schon vor Jahren Hinweise gegeben, dass Hollweg unbefugt Gottesdienste hielt. Er wurde abgemahnt, tauchte ab – und machte trotzdem irgendwann weiter.
Der ehemalige Leiter eines christlichen Altenheims in Nürnberg „war bis 2001 ehrenamtlicher Prädikant“, so Regionalbischof Nitsche, „das heißt, er war berechtigt, zu predigen. Aber weil er unberechtigt den Titel Prälat führte samt einem Doktortitel, wurde er vom vorherigen Regionalbischof abgemahnt und aus dem Dienst entlassen.“
Keiner weiß, wie viele Amtshandlungen er vornahm
Doch Hollweg machte weiter, ging noch zu Pfingsten beim Volksfest-Umzug in Bayreuth als Pfarrer mit der Schaustellerfahne vorneweg.
Keiner weiß, wie viele Amtshandlungen dieser Mann aus Sendungs- oder Geltungsbedürfnis als falscher Pfarrer vornahm. Einen Trost gebe es für betroffene, jetzt geschockte Menschen: „Der von ihm erteilte Segen Gottes gilt trotzdem“, stellte der Regionalbischof klar. „Eine Taufe ist eine Taufe, wenn sie durch einen Christen gespendet wird.“
Von den blamierten Schaustellern war gestern nur zu erfahren: „Er war kein offiziell bestellter Pfarrer“. Das ist der bundesweit tätige evangelische Pfarrer Horst Heinrich aus Balingen. „Aber der Hollweg hat es halt zu seinem Privatvergnügen gemacht.“ Dass er kein Pastor war, soll der Volksfest-Gemeinde schon seit dem Jahr 2007 bekannt gewesen sein. cis