„Wir schneidern in Bayern!“

Billiges aus Bangladesch? Nicht immer, jedenfalls bei der Tracht. Manche Münchner Designer lassen ihre Werke nicht aus den Augen und beweisen: Es geht auch bei uns in Bayern - doch die hier produzierten Dirndl haben ihren Preis
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Designerin Lola Paltinger legt bei ihrer extravaganten Tracht Wert auf erstklassige Verarbeitung – und produziert deshalb in Fürth.
az Designerin Lola Paltinger legt bei ihrer extravaganten Tracht Wert auf erstklassige Verarbeitung – und produziert deshalb in Fürth.

MÜNCHEN - Billiges aus Bangladesch? Nicht immer, jedenfalls bei der Tracht. Manche Münchner Designer lassen ihre Werke nicht aus den Augen und beweisen: Es geht auch bei uns in Bayern - doch die hier produzierten Dirndl haben ihren Preis

Bald haben sie wieder ihre alljährliche Hoch-Zeit, die Dirndl, Lederhosen, Charivaris und Trachtenjacken. Nur dass 95 Prozent der Exemplare, die auf der Wiesn spazieren getragen werden, längst nicht mehr das Wapperl „made in Bavaria“ führen dürfen, sondern stattdessen in Ungarn, Tschechien, Rumänien, der Türkei oder Kroatien produziert werden. Eine Schande, findet Hans Lehrer, Pressewart des Bayerischen Trachtenverbands: „Brauchtum kann man nicht importieren“, sagt er (AZ berichtete).

Aber es geht auch anders. Ein paar Münchner Designer machen ihre Trachten tatsächlich noch an der Isar oder zumindest in Bayern. Lola Paltinger zum Beispiel. „Meine Couture-Kollektion lasse ich in einer Schneiderei in Fürth produzieren. Dort sind je nach Bedarf vier bis sieben Personen für mich tätig.“ Abwandern ins preiswertere Ausland? Kommt für sie nicht in Frage: „Da ist die Verarbeitung einfach anders“, sagt die Fachfrau, deren Dirndl oft Einzelstücke sind. So viel Exklusivität hat natürlich ihren Preis: Zwischen 2300 und 2600 Euro kostet ein Paltinger-Couture-Dirndl.

Drei Tage für ein Dirndl, dreizehn Stück im Monat

Mit durchschnittlich 1500 bis 2500 etwas preiswerter sind die Modelle von Daniel Fendler. Er produziert fast ausschließlich in der Maximilianstraße: „Unser Konzept ist es, dass die Kundin der Entstehung ihres Dirndls theoretisch bei einem Kaffee zusehen könnte“, sagt der Designer. Naja, es dauert ein bisschen länger als einen Kaffee, bis eins seiner Luxus-Stücke fertig ist. Etwa drei Tage rechnet er für ein Dirndl, zehn bis 13 schafft sein kleines Team im Monat. Die Arbeit ins Ausland vergeben will er nicht. „Ich habe lieber 30 zufriedene Kunden als 120, die nie mehr wieder kommen“, sagt Fendler.

Auch Michaela Keune produziert ausschließlich in Bayern. In München, Pasing, Landsberg, Plattling und Nürnberg etwa. „Ich versuche sogar, die Stoffe aus Deutschland zu beziehen“, sagt die Designerin, was aber nicht immer klappt. Für die 37-Jährige steht fest: Sie produziert weiter hier: „Das ist wie beim Kochen, wo man auch schaut, heimische Lebensmittel zu verwenden. Dann wird das Ergebnis authentischer, weniger verwässert“, erklärt Keune. Bis zu 2500 Euro kostet bei ihr ein Stück mit Mieder, Bluse, Rock und Schürze.

"Made in Bavaria" ist ein Statussymbol - und dementsprechend teuer

Auch „Dirndlpunk“-Designerin Angelika Zwerenz bleibt Bayern treu: Für ihre innovativen Kreationen brauche sie Fachleute aus Bayern, sagt sie. Damit steht allerdings auch fest: Wer auf der Wiesn das Wapperl „made in Bavaria“ vorzeigen kann, hat für sein Dirndl tief in die Tasche gegriffen. Heimat hat eben ihren Preis.

Daniela Transiskus

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