"Wir alle müssen an unser Limit gehen"

Thomas von Heesen, als Retter bis Juni 2009 engagiert, checkte gleich nach seiner Begrüßung in Nürnberg in den Sonderflug nach Lissabon ein. Dort steht das Uefa -Cup Spiel gegen Benfica an. Trotzdem fand der neue Club-Trainer Zeit, mit der AZ über erste Eindrücke und seine Ziele sprechen.
Kaum da, schon wieder weg. Thomas von Heesen, der neue Club-Trainer, als Retter bis Juni 2009 engagiert – auch für den Fall eines Abstiegs –, hatte kaum eine ruhige Minute, seit er am Dienstagnachmittag vorgestellt wurde. Schon ging es für den 46-Jährigen und den FCN-Tross mit dem Sonderflug X3 8914 von Nürnberg nach Lissabon. Dort trifft der 1. FCN heute (21.45 Uhr, DSF live) in der Runde der letzten 32 im Uefa-Cup auf Benfica. Zwischen Gepäckband am Aeroporto de Lisboa und der Abfahrt ins Fünfsterne-Quartier „Four Seasons“ sprach der Ex-Profi (HSV, Bielefeld) über erste Eindrücke und seine Ziele.
AZ: Noch Am Sonntag haben Sie gesagt, es gebe noch keinen Kontakt, aber man wisse ja, dass „Fußball ein brutales Geschäft ist und es oft ganz schnell gehen kann“. Haben Sie da geflunkert?
THOMS VON HEESEN: Nein. Bis dahin wusste ich gar nichts über die Entwicklung in Nürnberg. Erst am späten Abend, kurz nach 23 Uhr, habe ich eine SMS bekommen.
Dann ging es ja nicht nur schnell, sondern blitzschnell.
Ich war auch überrascht. Am Montagnachmittag habe ich mit dann mit Club-Vertretern getroffen.
Und sich umgehend entschieden?
Es war ein Bauchgfühl, das mir gesagt hat: Mensch, Tommy, dass ist die richtige, eine sehr reizvolle Aufgabe.
Die mit einem Hammerprogramm beginnt: Donnerstag Lissabon, Samstag Bremen, kommende Woche das Rückspiel gegen Benfica, am folgenden Sonntag schon die beinahe überlebenswichtige Hausaufgabe gegen Cottbus. Bammel, dass alles schief gehen könnte?
Ich habe vor gar nichts Angst. Ich sehe es als große Herausforderung, der ich mich gerne und ohne Furcht stelle. Die Zeit ist natürlich unheimlich knapp bemessen, das ist aber nicht zu ändern. Dennoch kann ich klar denken und bin sehr motiviert.
Nach einem Jahr Pause, seit ihrem Rücktritt in Bielefeld, müssen die Akkus ja auch randvoll sein.
Es gibt keine Eingewöhnungsphase, die es natürlich leichter gemacht hätte. Aber das ist zweitrangig. Egal, welches Spiel ansteht, und ich schaue immer nur auf das nächste, wir müssen alle zusammen bis ans Limit gehen.
Bis auf das gestrige, knapp einstündige Abschlusstraining haben Sie noch keine direkten Eindrücke ihrer Spieler gewinnen können. Wo werden Sie den Hebel ansetzen?
Fakt ist: Ich verlose keine Startplätze, ich habe klare Vorstellungen, welche Aufgaben jeder zu erledigen hat. Mir geht es um klare Hierarchien in der Mannschaft, Disziplin ist oberstes Gebot. Sehr wichtig ist mir auch, dass trotzdem immer die nötige Lockerheit und der Spaß, ob der zuletzt nun verloren gegangen ist oder nicht, dabei sind. Jeder Einzelne muss sich richtig einschätzen und darauf vertrauen, was er kann.
Wer kann was? Und wer wird gegen Benfica spielen?
Wo Defizite sind, wo ich im Detail ansetzen muss, dass wird sich erst während bzw. nach der Partie genau sagen lassen. Ich werde zuvor noch viele Einzelgespräche führen. Die Mannschaft weiß aber auch so, dass sie jetzt gefordert ist. Es wird die Elf auflaufen, von der ich überzeugt bin.
Ihr Erfolgsrezept?
Ich habe mit unserem Scout Lothar Kurbjuweit die drei von ihm beobachteten Spiele analysiert und Videos geschaut – mit klaren Aufschlüssen über den Gegner.
Benfica gilt, wenn auch nicht gerade heimstark, als kompakt, bevorzugt das Kurzpass-Spiel, variiert bisweilen mit langen Bällen und sucht die 1:1-Situation auf den Außenbahnen.
Das bereitet mir kein Kopfzerbrechen. Ich habe auch registriert, dass Lissabon Probleme beim Umschalten von Angriff auf Abwehr hat. Wir werden versuchen, Überzahl im Mittelfeld zu erzeugen und wollen früh stören. Lissabon kann sich sicher sein, dass es auf eine Mannschaft trifft, die sich nicht versteckt.
Auch wenn die Abteilung Attacke am Stock geht? Mit Marek Mintal, Zvjezdan Misimovic und Robert Vittek fehlen drei Korsettstangen?
Die Aufgabe in Lissabon ist so reizvoll, da schenkt keiner von uns einfach so ab. Versprochen. Auch wenn es nicht einfach wird, zumal einige Offensivspieler ausfallen. Wir werden bis an die Grenzen gehen.
Auch, weil Sie 5000 mitgereiste Fans nicht enttäuschen wollen?
Der Club verfügt über eine fantastische Fankultur. Diese Leidenschaft auf den Rängen wollen wir auch auf dem Rasen zeigen. Und uns so auch gleich etwas Selbstvertrauen für Bremen holen.
Interview: Markus Löser