Wildwest-Rosenheim: Prügel auf Revier

Der Polizei-Chef höchstpersönlich soll einen 15-Jährigen auf dem Revier in Rosenheim schwer verletzt haben.  Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft
von  az
Die Polizei in Rosenheim – jetzt ist im Visier der Staatsanwaltschaft.
Die Polizei in Rosenheim – jetzt ist im Visier der Staatsanwaltschaft. © dpa

Rosenheim, München - Überhartes Vorgehen von Rosenheimer Polizisten bei Einsätzen ist jetzt ein Fall für die Justiz: Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt gegen den Leiter der Polizeiinspektion Rosenheim, der einen Jugendlichen nach einem Volksfestbesuch Anfang September grundlos krankenhausreif geschlagen haben soll. „Wir nehmen die Vorwürfe sehr, sehr ernst“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt in Traunstein, Helmut Vordermayer.

Der Polizeichef ist beurlaubt, der 15-Jährige seit fast drei Wochen krankgeschrieben. Die Grünen verlangen von der Staatsregierung volle Aufklärung und Konsequenzen. Der Fall ereignete sich offenbar am 3. September. Das Opfer war ohne eigenes Dazutun in eine Rauferei verwickelt worden. Daraufhin wurde er von einem Polizisten niedergerungen und mit Handschellen gefesselt.

Auf dem Revier musste die Mutter des 15-Jährigen zusammen mit weiteren Müttern mitansehen, wie der Chef der Inspektion den Kopf des noch immer gefesselten Jugendlichen mindestens fünfmal gegen die Wand geschlagen haben soll. In der Klinik musste später eine Platzwunde an der Lippe genäht werden, außerdem hat der 15-Jährige einen Schneidezahn verloren, andere Zähne sitzen locker.

„Die Vernehmungen laufen mit Hochdruck“, sagte Vordermayer. Zur Aufklärung des Falles seien eigens Kripobeamte aus München angefordert worden, erläuterte der Leitende Oberstaatsanwalt, der sich selbst in die Ermittlungen eingeschaltet hat.

Die Staatsanwaltschaft beschäftigt noch ein weiterer Fall von Polizeigewalt. Im November 2010 sollen Beamte aus derselben Inspektion drei Familienmitglieder eines Ex-Polizisten und den 66-Jährigen massiv verletzt haben. Der pensionierte Beamte ist Eigentümer eines Hauses in der Gemeinde Schechen. Aus einer der Wohnungen sollte laut „Süddeutsche Zeitung“ ein Bewohner zu einer psychiatrischen Untersuchung vorgeführt werden. Doch der Mann war bereits weggezogen. Die Beamten klingelten bei der Tochter des Ex-Beamten und sollen in einer Art Kettenreaktion nacheinander die gesamte Familie des 66-Jährigen – Mann, Tochter, Frau und Schwiegersohn – krankenhausreif geschlagen haben. Während die Traunsteiner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Polizisten vorläufig eingestellt hat, klagte sie die Familie wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte an.

Die Landtags-Grünen fordern für beide Fälle Aufklärung. „Diese Vorgänge sind absolut unglaublich“, sagte die innenpolitische Sprecherin Susanne Tausendfreund.

 

 

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