Wie viele Lokale sind bei uns wirklich rauchfrei?

Die Diskussionen um das totale Verbot gehen weiter: Laut einer neuen Untersuchung ist noch rund ein Drittel aller Gaststätten in Nürnberg verqualmt
NÜRNBERG Rauchverbot ja oder nein – das ist die große Frage. Schon seit fünf Jahren umhüllt der Streit um den blauen Dunst den Freistaat. Nach dem Volksbegehren Ende 2009 darf die Bevölkerung nun am 4. Juli, genau eine Woche vor dem WM-Finale in Südafrika, über das Rauchverbot entscheiden.
Eigentlich sollten offiziell 90 Prozent der Lokale in Bayern jetzt schon rauchfrei sein. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Das behauptet zumindest eine neue Umfrage des Vereins „Pro Rauchfrei“: Nur rund 68 Prozent der Nürnberger Lokale seien danach frei vom blauen Dunst!
In 432 der 628 untersuchten Gaststuben herrscht laut Umfrage tatsächlich Rauchverbot. 185 Wirte erlauben dagegen die Qualmerei. Damit liegt Nürnberg zwar knapp über dem Bayern-Schnitt von 65 Prozent. Im Kreis Nürnberger Land sind aber nur die Hälfte der Gaststätten rauchfrei. Der Kreis Fürth schneidet mit 85 Prozent Rauchfrei-Lokalen am besten ab.
Im Mai 2010 hatten Interviewer anonym bei gut 9600 Wirten in ganz Bayern per Telefon nachgefragt, ob das Rauchen in ihrem Lokal möglich sei. Die verwertbaren 7200 Antworten wurden stichprobenartig überprüft und bildeten die Grundlage der Untersuchung.
Rauchgegner wettern: „Das ist niederschmetternd“
Besonders schlimm sei der Qualm in Diskotheken, Bars und Kneipen: Durchschnittlich bleiben in Nürnberg hier nur drei von zehn Räumen ohne blauen Dunst. Im Nürnberger Umland suche man laut der Umfrage rauchfreie Diskos sogar vergeblich. „Das ist niederschmetternd“, meint Siegfried Ermer, Vorstand des Vereins Pro Rauchfrei.
Denn noch Ende 2009 hatten 1,3 Millionen Menschen in Bayern – weit mehr als die benötigten zehn Prozent der Wahlberechtigten – für das totale Rauchverbot gestimmt. In den letzten Monaten war das heftig diskutierte Thema aber etwas in den Hintergrund geraten.
Die Umsetzung des Rauchverbots in Bayern erwies sich von Anfang als schwierig. Anfang 2008 hatte die strikte, von der CSU erlassene Regelung einen Aufschrei der Wirte ausgelöst, die über Umsatzeinbrüche klagten. Die Folge: Nach den Verlusten bei den Kommunalwahlen im März 2008 fiel die CSU um, weichte das Gesetz auf – und nahm Bierzelte vorerst vom Rauchverbot aus.
2009 beschloss die bayerische Regierung weitere Lockerungen mit Ausnahmen für Bierzelte, Gaststätten mit Nebenräumen und Diskotheken sowie für kleinere Lokale.
Mit Spannung erwarten Gegner und Befürworter nun Bayerns Volksentscheid am Sonntag in zwei Wochen. scs
Mehr über den Streit um die Plakate der Rauchgegner- und -befürworter lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Mittwoch, 16. Juni