Wie sicher ist unsere U-Bahn?
Computer war wohl Schuld an dem Horror-Crash im Washington mit neun Toten. Ist so ein Unglück auch in Nürnberg möglich?
NÜRNBERG Nach dem Horror-Crash der U-Bahn in Washington kristallisiert sich inzwischen heraus, dass das Computersystem versagt hat. Bei dem Zusammenprall eines fahrenden mit einem stehenden Zug kamen neun Menschen ums Leben, 70 wurden verletzt (AZ berichtete).
Zum Zeitpunkt des Unglücks fuhr die U-Bahn im automatischen Modus, sie stand also ganz unter der Kontrolle des Computersystems. Die Ermittlungen der Polizei in Washington konzentrieren sich derzeit auf folgende Fragen: Warum hat der Computer den fahrenden Zug nicht rechtzeitig gestoppt? Und warum fuhr der Zug weiter, obwohl die Notbremse gezogen war?
Fragen, die auch die Fahrgäste in der Nürnberger U-Bahn interessieren. Denn die U3 wird komplett von Computern gesteuert.
Kann so ein Unglück auch mit der Nürnberger U-Bahn passieren?
„Ein klares Nein“, sagt VAG-Betriebsleiter Konrad Schmidt. Die VAG habe ein anderes Steuersystem im Einsatz als die U-Bahn in Washington – und zwar sowohl bei der vollautomatischen U3 als auch bei der U2 und U1, die noch mit Fahrern besetzt sind.
Wie wird verhindert, dass ein Zug auf einen anderen prallt?
Die Strecke zwischen zwei Stationen ist in Kontrollabschnitte aufgeteilt. Erst wenn alle melden, dass sie frei sind, bekommt der Fahrer ein grünes Signal und kann losfahren. Das funktioniert auch bei der automatischen U-Bahn so. Allerdings sind hier die Kontrollabschnitte kleiner, damit die Züge in kürzeren Abständen fahren können.
Was passiert, wenn der Fahrer bei rot losfährt?
Dann werden die Züge automatisch gebremst. Diese Zwangsbremsung setzt auch ein, wenn der Fahrer bei der Durchfahrt durch eine Station nicht bremst. Bei der Automatik-U-Bahn bremst der Computer von selbst.
Was geschieht, wenn der Computer ausfällt?
Die entscheidenden Rechner sind dreifach vorhanden. Sie kontrollieren sich gegenseitig. Wenn einer ausfällt, sind immer noch zwei funktionsfähig. Sollten die Computer bei einem ihrer „Kollegen“ eine Fehlfunktion feststellen, wird dieser abgeschaltet – und die Leitstelle informiert.
Fährt der Zug weiter, wenn die Notbremse gezogen wird?
Das kommt darauf an, wo die Notbremse gezogen wird. „Im Bahnhof bleibt der Zug sofort stehen“, erläutert Schmidt. Im Tunnel fährt der Zug bis zur nächsten Station und hält dort. Der Fahrer wird aber sofort informiert und er fragt per Lautsprecher nach, was passiert ist. Bei Automatik-Zügen blickt die Leitstelle per Videokamera in den Wagen und nimmt per Lautsprecher mit den Fahrgästen Kontakt auf.
Was passiert, wenn der Zug im Tunnel stehen bleibt?
Dann ist die Strecke gesperrt. Es kann kein anderer Zug einfahren. Der Fahrer informiert die Fahrgäste und geleitet sie gegebenenfalls aus dem Tunnel. Auf längeren Strecken gibt es Notausstieg-Stellen. Bei den Automatikzügen übernimmt die Leitstelle die Information. Sollte ein VAG-Servicemitarbeiter im Zug mitfahren, kann der diesen von einem Notfahrpult per Hand aus dem Tunnel fahren. Ist keiner der Servicemitarbeiter an Bord, die immer drei Bahnhöfe betreuen, wird dieser mit Blaulicht zum Zug gebracht oder muss ein Stück durch den Tunnel laufen. So lange werden die Fahrgäste von der Leitstelle per Lautsprecher informiert.
Wie oft werden die U-Bahn-Züge gewartet?
Alle drei Monate werden die Nürnberger U-Bahnen überprüft. Dabei werden auch alle Sicherheits-Einrichtungen gecheckt.
Michael Reiner