Wie pleite ist Nürnberg wirklich, Herr Kämmerer?

Wegen der Krise muss Harald Riedel (SPD) neue Schulden aufnehmen. Er rechnet mit knapp unter 100 Millionen Euro.
von  Abendzeitung

Wegen der Krise muss Harald Riedel (SPD) neue Schulden aufnehmen. Er rechnet mit knapp unter 100 Millionen Euro.

NÜRNBERG Stadtkämmerer Harald Riedel (SPD) schaut in den Abgrund. Wenn er den Laptop aufklappt, dann dominieren in den Tabellen und Kalkulationen die Minus-Zeichen. Die Steuereinnahmen gehen zurück, und der Freistaat wird weniger Geld nach Nürnberg überweisen. Nur bei den Ausgaben findet Riedel kaum ein Minus. Die steigen. Marode Brücken müssen saniert, Schulen- und Kindergärten ausgebaut werden. Und dann will auch noch der Bezirk Mittelfranken mehr Geld. Wie pleite ist Nürnberg wirklich?

Derzeit plant Riedel den städtischen Haushalt für das Jahr 2010. Als er mit der Arbeit an dem 1,3 Milliarden Euro-Werk begonnen hatte, war die Lage schon schlecht. 58 Millionen Euro neue Schulden, so seine ursprüngliche Schätzung, hätte er aufnehmen müssen, um alles finanzieren zu können. Doch dann kam die Krise! „Wir müssen nun zusätzliche Schulden aufnehmen. Ich hoffe, dass sie unter 100 Millionen bleiben“, sagte er der AZ.

Die Schlüsselzuweisungen fallen deutlich geringer aus

Im vergangenen Jahr überwies Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) 170 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen nach Nürnberg. Grund dafür war unter anderem, dass die Stadt München wegen der Boom-Jahre zuvor keine Hilfe aus diesem Topf mehr bekam. Doch jetzt kriselt’s auch südlich der Donau. Weil aber nicht mehr Geld für den Finanzausgleich zur Verfügung steht, rechnet die Stadt Nürnberg mit einer Verschlechterung um 60 bis 100 Millionen Euro.

Dafür erhöht der Bezirk seine Umlage um 25 auf etwa 125 Millionen Euro, die Riedel nach Ansbach bezahlen muss. Dazu rechnet die Rathaus-SPD mit Steuerausfällen von 60 Millionen Euro. Bei der Gewerbesteuer würden das Einnahmen zwischen 230 und 280 Millionen Euro bedeuten. Im besten Jahr 2006 kamen über 400 Millionen Euro Gewerbesteuer in die Kasse.

„Wir brauchen Unterstützung von Freistaat. Es muss in eine Lastenteilung in der Krise geben“, sagt Riedel. Doch derzeit schleppt vor allem die Stadt Nürnberg. 120 Millionen Euro geht in die Sanierung von Schulen, 83 Millionen davon kommen aus dem Stadthaushalt. Für 129 Millionen Euro werden Kindereinrichtungen ausgebaut, 100 Millionen davon bezahlt die Stadt.

Der Freistaat soll Schulden machen, um den Kommunen zu helfen

„Wir wollen dieses Investitionspaket beibehalten, das auch der regionalen Wirtschaft nutzt. Dafür verschulden wir uns“, sagt Riedel. „Deshalb muss die Staatsregierung ihren Kurs aufgeben, die Nettoneuverschuldung auf Null herunterzufahren.“ In der Krise müsse auch der Freistaat neue Schulden machen. Schließlich gehe es um Investitionen in die Zukunft, von denen die Steuerzahler von morgen profitieren würden. Im September kommt Finanzminister Fahrenschon nach Nürnberg zum Spitzengespräch mit dem Kämmerer.

Erhöhungen der kommunalen Steuern schließt Riedel aus. „Das passt nicht in die derzeitige Lage.“ Allerdings muss auch die städtische Verwaltung weiter sparen. Zurzeit checken Unternehmensberater mit dem Rotstift die einzelnen Ämter. Und auch die Stadträte, so Riedel, müssten noch disziplinierter sein und nicht immer neue Ausgaben beschließen. Michael Reiner

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