Wie oft sind Sie schon über diesen Atombunker gelaufen?

Zwischen Breite Gasse und Kornmarkt sollte ein Schutzkeller zur Zeit des Kalten Krieges 2000 Menschen aufnehmen. Führungen ab Sonntag
von  Abendzeitung

NÜRNBERG - Zwischen Breite Gasse und Kornmarkt sollte ein Schutzkeller zur Zeit des Kalten Krieges 2000 Menschen aufnehmen. Führungen ab Sonntag

Während oben die Passanten durch Nürnbergs Einkaufsmeile bummeln, schlummert im Untergrund ein Relikt aus vergangenen Zeiten: Eine unscheinbare, mit Kritzeleien verschmierte Tür in der Krebsgasse, die die Breite Gasse mit der Frauengasse verbindet, führt in Nürnbergs ältesten Atom-Schutzbunker. Der wurde im Jahr 1965 errichtet, als die Bevölkerung während des Kalten Krieges Angst vor der Atombombe hatte...

In zehn Meter Tiefe wurde auf einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern – das ist ungefähr die Hälfte des Hauptmarkts – auf zwei Ebenen das Nötigste fürs Überleben eingerichtet. Denn die Menschen wären im Ernstfall völlig überrascht und mit leeren Händen in den „Krebsbunker“ gekommen. Es sind Utensilien wie Geschirr, Decken, Handtücher oder Seife eingelagert – und für Todesfälle sogar Leichenäsäcke!

Für 1885 Menschen war je ein halber Quadratmeter vorgesehen. Auf kargen Liegen, die den makabren Namen „Dornröschen-Wandbetten“ tragen und in der JVA gefertigt wurden, hätten die Frauen, Männer und Kinder acht Stunden ruhen und 16 Stunden sitzen können. Viel Zeit für wenige Aktivitäten, die nur geringfügig für Abwechslung im tristen Bunker gesorgt hätten. Auch der Gang zu den Sanitäranlagen wäre eine Überwindung gewesen: Für jeweils 50 Personen waren eine Toilette und ein Waschbecken eingebaut. In der Notküche wären Fertignahrung und Suppen zubereitet worden. Für die medizinische Versorgung waren lediglich Jod, Augentropfen und -salbe sowie Verbandszeug vorhanden. Rund 1000 Quadratmeter nimmt die technische Ausstattung wie Notstromaggreagte, Dieselfässer und Luftfilter in Anspruch.

Der Schutzbunker hätte zwar keinem direkten Bombeneinschlag standgehalten. Das hätte kein Bunker in Deutschland. Aber er hätte vor Druck- und Hitzewellen von in der Umgebung detonierenden Kernwaffen und vor radioaktivem Niederschlag geschützt. Aber nicht dauerhaft: Der „Krebsbunker“ war für einen Aufenthalt von maximal 14 Tagen ausgelegt. So lange hätten die verängstigten Menschen ausharren müssen, ohne zu wissen, wie es über der Erde aussieht, oder was mit Verwandten und Freunden passiert ist. Der Förderverein Nürnberger Felsengänge bietet vom 31. Oktober bis 9. November täglich von 11 bis 20 Uhr Führungen durch den Bunker an. Eintritt: 5 Euro. msc

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