Wie gefährlich ist der Riss in diesem AKW?

Grafenrheinfeld: Ein Experte spricht von „großem Sicherheitsrisiko“ und wirft Betreiber E.on und auch der Atomaufsicht schwere Versäumnisse vor
GRAFENRHEINFELD Die Sicherheitsdebatte um das fränkische Kernkraftwerk Grafenrheinfeld (Kreis Schweinfurt) bekam jetzt eine neue Dimension: Der mögliche Riss in einem Rohr, der im Juni 2010 ermittelt – aber erst im Dezember offiziell gemeldet worden war – wurde von Atomfachmann Wolfgang Renneberg als großes Sicherheitsrisiko bezeichnet. Hätte Grafenrheinfeld also sofort abgeschaltet werden müssen?
Der „Spiegel“ enthüllte den Vorgang vor einigen Tagen. Bereits vor sieben Monaten wurde der 2,7 Millimeter lange Riss festgestellt, so das Nachrichtenmagazin. Der Defekt befindet sich in einem Rohr, das den Hauptkühlkreislauf des Atomkraftwerks mit dem Reaktordruckbehälter verbindet. Würde das Rohr reißen, würde Kühlmittel austreten, die Anlage wäre radioaktiv verseucht. Dann würde man von einem Störfall der Stufe 3 auf der bis 7 reichenden Skala sprechen.
Sind die Vorwürfe "ideologisch motiviert"?
Erst Dezember 2010 wurde die Info ans Bundesumweltministerium weitergegeben. Der TÜV Süd und das bayerische Umweltministerium hatten den Vorfall zunächst als nicht meldepflichtig eingestuft. In einer E.on-Erklärung heißt es: „Die Bewertungen haben gezeigt, dass die Anzeige sicherheitstechnisch unbedenklich ist.“ Erst im März soll das Rohr nun erneuert werden.
Renneberg, der im Umweltministerium einst unter dem damaligen SPD-Minister Sigmar Gabriel gearbeitet hat, wirft E.on und der bayerischen Atomaufsicht nun schwere Versäumnisse vor. „Die bayerische Atomaufsicht hätte den Austausch der Rohrleitung so bald wie möglich veranlassen und das Bundesumweltministerium sofort informieren müssen.“ Das habe sie jedoch nicht getan. Stattdessen sei nach dem Motto vorgegangen worden: „Es wird schon nicht gefährlich sein“, so Renneberg. Mit dem Austausch könne aber nicht gewartet werden. „Das ist unverantwortlich“, schimpft er.
Bayerns Umweltministerium kontert die Vorwürfe: „Sie entbehren jeder fachlichen Grundlage und sind ideologisch motiviert. Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld ist zu jeder Zeit sicher. Dies ist durch den TÜV Süd und die Reaktorsicherheitskommission eindeutig bestätigt worden“, so eine Sprecherin.
Die Kernkraftgegner „Bayern-Allianz 2010 für Atomausstieg und Klimaschutz“ forderten am Montag in Nürnberg eine sofortige Klärung. sw