Wie eine Firma aus Schwaben die Traumbauten für Ludwig II. plante

Das königliche Klo auf Schloss Neuschwanstein, die Venusgrotte, die Fontäne in Linderhof: Eine Firma aus Stuttgart hat ab 1874 die (technischen) Träume von Ludwig II. geplant ‒ die Zeichnungen haben bis heute überlebt. Was der heutige Chef darüber denkt, erzählt er in der AZ.
von  Rosemarie Vielreicher
Dr. Alexander Wiesneth von der Schlösserverwaltung (links) mit Roman Stadelmaier bei der Übergabe des Plankonvoluts.
Dr. Alexander Wiesneth von der Schlösserverwaltung (links) mit Roman Stadelmaier bei der Übergabe des Plankonvoluts. © privat/Bayerische Schlösserverwaltung

München/Stuttgart - Roman Stadelmaier hat einen besonderen Draht zum Kini ‒ obwohl er nicht mal aus Bayern kommt: Er ist Geschäftsführer des Unternehmens Gas- & Wasserleitungs-Geschäft GmbH Stuttgart ‒ die traditionsreiche Firma hat für König Ludwig II. die Installationspläne für seine Bau-Träume verwirklicht. Die Bayerische Schlösserverwaltung konnte kürzlich vermelden, dass die Firma über 200 der historischen Stücke als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat.

Gas- & Wasserleitungs-Geschäft über Bauten für Kini: "Wir waren schon immer stolz drauf"

Stadelmaier erzählt der AZ: "Es hat natürlich einen großen ideellen Wert für uns. Wir waren schon immer stolz darauf und erzählen es jedem Mitarbeiter." Diese Pläne für den Märchenkönig seien ein "Aushängeschild, das kann nicht jede Firma von sich behaupten".

Die Planzeichnung zur Heizungsanlge der Venusgrotte im Schlosspark Linderhof.
Die Planzeichnung zur Heizungsanlge der Venusgrotte im Schlosspark Linderhof. © Florian Schroeter/Bayerische Schlösserverwaltung

Aber wie kam es überhaupt dazu? Warum hat Ludwig II. eine Firma aus Baden-Württemberg beauftragt? Dafür hat auch Stadelmaier keine Erklärung. Es lasse sich auch für sein Unternehmen, in dem er nun in dritter Generation arbeitet (sein Großvater und Vater stiegen laut Homepage 1988 in die Geschäftsleitung ein), nicht nachvollziehen. "Die Firma wurde nicht viele Jahre zuvor gegründet, 1870." Fakt ist: "Wir waren königlicher Hoflieferant Württemberg. Dazu haben wir auch ein großes Emblem in der Firma hängen." Könnten die Königshäuser in dem Zusammenhang korrespondiert haben? Denkbar, aber Spekulation.

Er ist jedenfalls selbst beeindruckt, was damals schon möglich war. Je mehr er sich mit den historischen Entwürfen beschäftigte, desto größer wurde auch sein Interesse. Er würde sich jetzt durchaus als Kini-Fan bezeichnen.

Im Detail: Die Planzeichnung der Wasserversorgung des Latonabrunnen im Schlosspark Herrenchiemsee.
Im Detail: Die Planzeichnung der Wasserversorgung des Latonabrunnen im Schlosspark Herrenchiemsee. © Florian Schroeter/Bayerische Schlösserverwaltung

"Innovative Lösungen außerhalb des Königreichs"

Ludwig II. war und ist dafür bekannt, dass er schon damals technisch weit in die Zukunft dachte. Die Schlösserverwaltung schreibt dazu: "Besonders in Bezug auf die technische Ausstattung seiner Schlösser und Parks forderte der bayerische Monarch Höchstleistungen und scheute sich nicht davor, innovative Lösungen auch außerhalb seines Königreichs zu beauftragen."

Die Stuttgarter Firma plante und baute demnach ab 1874 an allen Königsschlössern und Parks König Ludwigs II. Zum Beispiel: die königliche Toilette auf Schloss Neuschwanstein, die Warmwasserheizung für den See in der Venusgrotte oder die Druckleitung für die große Fontäne im Schlosspark Linderhof und auch die Wasserspiele des Neuen Schlosses Herrenchiemsee. Bis ins kleinste Detail seien die Quellfassungen, Wasserleitungen oder auch die technischen Brunnenanlagen "mit einer heute kaum mehr vorstellbaren Kunstfertigkeit in Bleistift und Tusche gezeichnet sowie aquarelliert dargestellt" worden.

Planzeichnung der Wasserversorgung des Latonabrunnen im Schlosspark Herrenchiemsee.
Planzeichnung der Wasserversorgung des Latonabrunnen im Schlosspark Herrenchiemsee. © Florian Schroeter/Bayerische Schlösserverwaltung

Viele der Installationen gibt es heute nicht mehr

Laut Schlösserverwaltung wurden alle Bauteile für die Anlagen in Stuttgart gefertigt. Via Schiene brachte man sie nach Neuschwanstein, Linderhof oder Herrenchiemsee. "Heute sind viele dieser Installationen verloren, weshalb dieser Planbestand für die Königsschlösser Ludwigs II. als wertvolles Dokument zu bewerten ist."

Besonders konserviert hätten sie die Installationspläne über die Jahre nicht, erzählt Stadelmaier. "Wir sind ja auch ein Heizungs- und Sanitärbetrieb" ‒ und nicht auf den Erhalt alter Dokumente spezialisiert. Er ist insofern begeistert vom Zustand der Pläne, schließlich hätten diese schon zwei Weltkriege überlebt, zweimal sei die Firma auch umgezogen. Man habe die Pläne bis auf wenige immer im Dunkeln aufbewahrt, sie waren also nicht Licht ausgesetzt. Und zudem hätten sie freilich nicht lose irgendwo herumgelegen, sondern waren in Planmappen.

"Wie durch ein Wunder": Pläne immer noch erhalten

"Wie durch ein Wunder", teilt auch die Schlösserverwaltung mit, hätten sich die Pläne im Firmenarchiv erhalten. Ein Sprecher lässt die AZ wissen: "Die Pläne sind insgesamt dem Alter entsprechend in einem sehr guten Zustand. Es gibt jedoch vereinzelte Baupläne, die möglicherweise damals auch auf der Baustelle benutzt wurden und daher Schäden aufweisen."  

Alexander Wiesneth, der das Plankonvolut nun wissenschaftlich untersucht, erläutert: "Die Pläne geben einen faszinierenden Einblick in die Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts an den Königsschlössern, der in diesem Umfang und Detaillierungsgrad noch nicht bekannt war."

In Neuschwanstein war Roman Stadelmaier schon, wie der Stuttgarter erzählt. Heuer will er noch Herrenchiemsee und Linderhof besuchen. Ein echter Kini-Fan eben.

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