„Wie ein Schlag ins Gesicht“
NÜRNBERG - Zur Saison 2004/2005 wechselte Stefan Schauer (38 Länderspiele) von den Kölner Haien nach Nürnberg. Für die Ice Tigers hat der 25-jährige Verteidiger seitdem 136 DEL-Spiele bestritten. Nach langer Verletzungspause steht Schauer vor der Ausmusterung, doch er kämpft für sein Comeback und will weiter für Nürnberg spielen.
"Im Moment ist er für die DEL nicht tauglich", Tigers-Sportdirektor Otto Sykora zu den Comeback-Chancen von Stefan Schauer Ende März. „Er hat zwar noch einen Vertrag, aber ich habe keine große Hoffnung mehr, dass er es noch schafft. Ich höre immer nur, es geht ihm mal so, dann wieder so. Ich weiß nicht, ob er überhaupt noch weiter Profisport betreiben kann", Sykora Ende Mai im Rahmen der letzten Pressekonferenz.
Unter der Rubrik Abgänge taucht er nicht auf. Und auf der vereinseigenen Homepage ist Stefan Schauer nach wie vor Bestandteil der Tiger-Verteidigung. Doch wie lange noch? Denn: Trotz gültigem Vertrag ist die Zukunft des 25-Jährigen bei den Nürnberg Ice Tigers mehr als offen. Auch wenn der Abwehrspezialist, der sein letztes DEL-Spiel im Januar 2007 bestritt und seitdem wegen einer komplizierten und lange nicht erkannten Stirnhöhlen-Verletzung sowie nach zwei Operationen derzeit konsequent für sein Comeback arbeitet und an seine Rückkehr glaubt. Entgegen den Aussagen von Otto Sykora. Schauer jedenfalls ist überzeugt: Zur Vorbereitung ist er fit, einsatzfähig – und tauglich für die Deutsche Eishockey-Liga. Über seinen harten Kampf sprach die AZ mit dem ehrgeizigen Kufen-Crack.
AZ: Herr Schauer, wie ist denn der aktuelle Stand in Sachen Gesundheit?
STEFAN SCHAUER: Ich fühle mich gut, es geht peu à peu aufwärts. Seit einem Monat ist der Eiterherd in meiner Stirnhöhle weg. Es ist noch nicht rosig, aber seit März ist es deutlich voran gegangen. Ich habe kein Gramm Fett, aber die Muskelmasse fehlt. Um die wieder aufzubauen, habe ich ein spezielles Fitnessprogramm, mit dem ich mich in Form bringe.
"Ich schaffe das - locker"
Klingt ja sehr optimistisch und sicher. Aber was sagen denn die Ärzte?
Die sagen: Ich schaffe das, locker! Es läuft echt gut. Mein Münchner Arzt Hans Garten sieht keine Probleme, dass ich bis August wieder einsatzbereit bin.
Und Ihre realistische, ganz ehrliche und persönliche Einschätzung?
Nochmal: Es geht permanent bergauf. Ich sehe da überhaupt keine Schwierigkeiten. Natürlich hat es seine Zeit gebraucht, bis die vereiterte Stirnhöhle ausgeheilt war, aber es hat sich nach der zweiten Operation vor einem halben Jahr und gerade die letzten Wochen viel getan und verbessert, sodass ich bald wieder fit sein werde.
Tatsächlich keinerlei Zweifel?
Es gibt doch genügend Sportler als Beispiel dafür, dass man, etwa nach einem Kreuzbandriss und einem halben Jahr Pause, zurückkommen kann. Selbst wenn die Ausfallzeit noch länger ist. Oder das Beispiel Robert Müller (Torwart der Kölner Haie, die Red.), der einen Gehirntumor hatte und wieder spielt. Oder der Radprofi Lance Armstrong, der an Hodenkrebs erkrankt ist und dann wieder erfolgreich seinem Sport nachging. Und manche Sportler waren oder sind nach so einer langen Zwangspause anschließend besser denn je. Vielleicht ja auch ein Stefan Schauer.
Das widerspricht aber leider den Aussagen und Prognosen, die der Verein abgegeben hat…
Also von wegen mir geht es „mal so, mal so". Das hat vielleicht noch vor drei, oder auch noch vor zwei Monaten zugetroffen. Aber jetzt wiederhole ich es noch einmal: Es gibt große Fortschritte, es ist eine klare Besserung zu erkennen. Und aus dem Grund stimmt das so einfach nicht.
"Mit mir hat keiner gesprochen"
Aber woher diese unterschiedlichen Auffassungen und Meinungen über ein Comeback von Stefan Schauer?
Ja, das liegt wohl daran, dass seit März keiner der Ice Tigers mit mir gesprochen hat. Wie soll denn da Otto Sykora oder sonst wer wissen, wie es mir tatsächlich geht bzw. im August gehen wird. Und dann die Vermutung zu äußern, ich wäre nicht tauglich für die DEL, was zur Folge hat, dass über das Ende meiner Karriere spekuliert wird, das ist schon eine Frechheit.
Sie scheinen gekränkt und enttäuscht…
…ja, es trifft mich sehr. Für jemand wie mich, der jung ist und der solch einen Rückschlag erlitten hat, der sich aber mit Willen und Einsatz wieder herankämpft, sind derartige Aussagen heftig. Vor allem dann, wenn man’s erst aus der Zeitung erfahren muss. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht.
Fühlen Sie sich von den Ice Tigers im Stich gelassen?
Schon. Profisport ist zwar ein Geschäft, und ich erwarte auch keinen Dank, denn ich habe ja für die Ausübung meines Jobs Geld erhalten. Aber das alles ist die Folge einer Verletzung, die ich mir bei der beruflichen Ausübung für die Ice Tigers zugezogen habe. Und wie das zurzeit läuft, ist das für mich das Gegenteil von Unterstützung. Von einigen Personen bin ich menschlich enttäuscht.
Wie begründen Sie diese Enttäuschung?
Weil niemand mit mir persönlich spricht, weil mein „Fall" über die Zeitung und dann nicht korrekt kommuniziert wird, weil sich niemand vom Verein mal persönlich über meinen Zustand, über den aktuellen Stand, erkundigt hat. Bis heute nicht. Es geht mir auch gegen den Strich, wenn immer nur von einer rätselhaften Viruserkrankung gesprochen wird. Fakt ist: Es gibt kein Rätsel mehr. Es war einfach eine vereiterte Stirnhöhle wegen eines abgesplitterten Knochens, was erst spät erkannt wurde. Dazwischen hat mich leider noch das Pfeiffersche Drüsenfieber erwischt und zurückgeworfen. Aber jetzt bin ich wieder auf dem Weg, zu hundert Prozent gesund zu werden.
Stefan Schauer will also zurück in den Tigerkäfig?
Unbedingt, ganz klar. Ich habe ja einen Vertrag bis 2010. Und ich gehe fest davon aus, dass ich weiter für Nürnberg spiele. Zumal ich von offizieller Seite nichts Gegenteiliges gehört oder gesagt bekommen habe. Also erscheine ich Anfang August zum ersten Training und trete meinen Dienst an.
"Karriereende - Blödsinn"
Keine Alternative im Auge, kein Plan B? Beispielsweise ein Aufbaujahr beim SC Riessersee, dem Nürnberger Kooperationspartner?
Nein! Keine Alternative, kein anderer Verein. Und ich bin zwar im Moment bei meinen Eltern in Garmisch, die mich finanziell unterstützen – aber auch über Riessersee mache ich mir Null Gedanken. Warum auch? Und auch Mutmaßungen über ein Ende meiner Profilaufbahn sind absoluter Blödsinn.
Und wenn die Ice Tigers trotz aller Fitness und Einsatzwillen auf Stefan Schauer keinen Wert mehr legen?
Dann muss ich mir Rechtshilfe holen und überlegen, wie ich vorgehen kann. Denn ich verstehe nicht, warum mir die Tür zugeschlagen wird. Ich hatte bisher ein gutes Verhältnis zu diesem Verein, ich habe deshalb auch 2006 meinen Vertrag verlängert und bereue das auch trotz der momentanen Enttäuschung nicht. Ich möchte Eishockey spielen, in der DEL und für die Ice Tigers. Dafür arbeite und kämpfe ich. Interview: Michael Rupp
- Themen:
- Lance Armstrong