Wie die Frau, die ihre drei Kinder tötete, zum Glauben fand
Hat Bianca T. (39) ihren Babys die Köpfe eingeschlagen? Ein Gutachter bescheinigt ihr verminderte Schuldfähigkeit. Bewahrt sie das vor einem Lebenslang?
Landshut/Freising - Eine Schauspielerin, die ihre eigene Rolle spricht: So beschreibt Norbert Nedopil, LMU-Professor für forensische Psychiatrie, Bianca T. (39). Die Bäckereiverkäuferin aus Freising hat am 13. November 2012 ihre vier Monate alten Säuglinge Fabian und Lisa und ihre Tochter Anna-Lea (6) getötet.
Der Psychiater bescheinigte Bianca T. gestern vor dem Landgericht Landshut eine Persönlichkeitsstörung, zur Tatzeit soll sie zudem unter einer akuten Belastungsstörung gelitten haben. Beides zusammen führte nach seiner Überzeugung zu einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit. Demnach wäre Bianca T. wohl vermindert schuldfähig – wenn die Tat denn so abgelaufen ist, wie Bianca T. sie geschildert hatte. Dann wäre sie laut Gutachter wohl vermindert schuldfähig.
Das Problem: Noch immer ist der genaue Tatablauf unklar. Die Mutter gestand, ihre Babys mit den Händen erstickt zu haben. Doch woher kommen deren schwere Schädelverletzungen und Brüche? Das Köpfchen von Fabian war drei Mal gebrochen. Zudem hatte er gebrochene Arme und einen gebrochenen Oberschenkel. Auch Lisas Schädel war gebrochen.
Hat Bianca T. mit einem harten Gegenstand auf ihre Köpfe eingeschlagen – oder sie gegen einen harten Gegenstand geschlagen? Das kann nur Bianca T. beantworten. Fakt ist: Zwei Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die tödlichen Kopfverletzungen nicht von dem anschließenden Unfall stammen können – als Bianca T. mit den drei toten Kindern im Kofferraum gegen eine Leitplanke raste, um auch sich selbst zu töten. „Nach meinem Dafürhalten kann dieses Verletzungsbild, das typisch ist für Kindsmisshandlungen, nicht innerhalb des Fahrzeugs entstanden sein“, sagte der Pathologe Helmut Pankratz bereits in der vorigen Woche.
Dass Bianca T. bereits früher gewalttätig gegenüber ihren Kindern gewesen ist, hatten in der vorigen Woche mehrere Zeugen bestätigt. So sagten Jugendamts-Mitarbeiter und Verwandte aus, dass die Mutter, die insgesamt sechs Kinder aus drei Beziehungen hatte, ihre drei Buben (heute 13 bis 19 Jahre alt) häufig verprügelte. Auch soll sie sie zur Strafe an eine Heizung gefesselt oder stundenlang allein in einen abgedunkelten Raum eingesperrt haben. Einen ihrer Söhne trat sie mit Füßen, als er am Boden lag.
Norbert Nedopil beschrieb die Angeklagte als eine Frau mit zwei Gesichtern: einerseits als Frau, die nach außen scheinbar ihr Schicksal meisterte. Und andererseits als ein Mensch, der in seiner Traumwelt lebte. Sie habe immer von einer heilen Familie geträumt, zu der für sie auch Kinder gehörten. Doch alle Beziehungen scheiterten.
An dem Tag, als ihr damaliger Lebensgefährte und Vater der Zwillinge in die Klinik „verschwand“ und sie wohl davon ausging, dass nun auch diese Beziehung zu Ende war, sei für sie die Welt zusammengebrochen. „Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, so Nedopil.
Bianca T. hatte vor dem Gericht noch einmal tränenreich ihre schwere Kindheit und Jugend geschildert und sich selbst zweieinhalb Stunden lang als Opfer dargestellt. Sie hatte geschildert, wie sie sich ihr Leben lang nach der Liebe ihrer Mutter gesehnt hatte, diese aber nicht bekommen habe. Sie berichtete davon, wie ihr Vater sie im Alter von 17 Jahren missbraucht und ein Freund sie vergewaltigt hatte.
Die Angeklagte hatte dabei eine Bibel mit auf der Anklagebank. Über einen Gefängnispfarrer hat sie zum Glauben gefunden.
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