Wie Bayern wegen Tschechiens Abschottung leidet

Arbeiter aus dem Nachbarland dürfen nicht mehr nach Deutschland kommen. Das trifft viele Firmen im Landkreis Cham schwer.
Diana Binder |
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Polizisten stehen an einer tschechisch-österreichischen Grenze in Boeclav. Tschechiens restriktives Ein- und Ausreiseverbot für Personen gilt ab Donnerstag auch für Pendler.
Václav Alek/dpa Polizisten stehen an einer tschechisch-österreichischen Grenze in Boeclav. Tschechiens restriktives Ein- und Ausreiseverbot für Personen gilt ab Donnerstag auch für Pendler.

Cham - Tschechien macht ab Donnerstag die Grenzen für Pendler dicht – und damit stehen viele Unternehmen und Branchen in der Grenzregion vor einem weiteren Problem in dieser Krise. Alleine im Landkreis Cham arbeiten 4.500 Tschechen.

Berufspendler müssen nun zu Hause bleiben oder sich für mehrere Wochen in Deutschland eine Unterkunft suchen. Wie das funktionieren soll? Viele Firmenchefs sind ratlos. Mit am stärksten betroffen ist das Gesundheitswesen.

Das Problem: Arbeiter aus Tschechien fehlen jetzt

Alexander Wagner ist verzweifelt. Der Leiter des gleichnamigen Pflegedienstes in Grafenwiesen steht vor einem unlösbaren Problem. "Ein guter Teil meiner Mitarbeiterinnen ist aus Tschechien. Das sind alles Mütter – wie sollen die denn für mehrere Wochen jetzt hier in Deutschland bleiben?"

Das ist die eine Seite. Die andere sind die vielen kranken und pflegebedürftigen Menschen, die nun nicht mehr versorgt werden können. "Wissen Sie, diese Leute stellen keine Gefahr dar – sie sind ja eh zu Hause. Aber jetzt? Jetzt können sie nicht mehr versorgt werden", sagt er. "Also müssen die Leute ins Krankenhaus. Denn es wird keine Pflege zu Hause in der alten Form mehr geben können." Er wendet sich gerade mit einem Schreiben an die Politik. "Auch vielen meiner Kollegen hier in der Grenzregion geht es so – wir wissen nicht, wie wir das machen sollen."

Michael Rehrmann, Einrichtungsleiter des ProCurand-Pflegestifts in Lam und Cham, macht deutlich, wie wichtig die Mitarbeiter aus dem Nachbarland für ihn sind: "Ich würde meinen tschechischen Kräften hier alles bezahlen, damit sie bleiben können. Prämien, Urlaub mit der Familie – alles." Ein Drittel der Mitarbeiter in Lam kommt aus Tschechien und muss ab heute zu Hause bleiben. "Wir hatten schon vorher in Deutschland einen großen Pflegenotstand und jetzt kommt ein weiteres großes Problem hinzu", beschreibt Rehrmann die Situation.

"Würde meinen tschechischen Kräften alles bezahlen, damit sie bleiben können"

Auf seine Mitarbeiter aus Tschechien verzichten muss auch Jarno Hutterer, Bäckerei-Chef. Ein tschechischer Bäcker ist bereits freigestellt. "Der will zu Hause bei seiner Familie bleiben", zeigt Hutterer Verständnis. "Die Tschechen haben innerhalb einer Woche dreimal die Regeln verschärft – jetzt ist zumindest mal bis 1. April eine eindeutige Richtlinie da." Der Betrieb hat bereits das Sortiment und die Öffnungszeiten eingeschränkt.

Die Produktion in der Molkerei Goldsteig läuft – mithilfe der Pendler. "Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt", sagt Andreas Kraus, Geschäftsführer der Goldsteig-Käsereien. "Wir sind hier ziemlich am Rotieren, aber ich kann sagen, dass wir für jeden tschechischen Mitarbeiter eine Unterkunft haben." Ungefähr 70 Arbeitnehmer pendeln normalerweise von Tschechien ein. "Ein Hotelzimmer, vor allem ohne Verpflegung, ist keine Dauerlösung", sagt Kraus. "Wir werden uns bemühen, Ferienwohnungen oder dergleichen mit Kochgelegenheiten zu finden."

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