Wer will Schulleiter werden?

Jährlich müssen Hunderte Schulleiterstellen in Bayern neu besetzt werden. Die Betroffenen kriegen immer mehr Aufgaben aufgebürdet. Was kann man dagegen machen?
von  dpa
Ein Schild weist vor einer Schule auf einen für die Schulleitung reservierten Parkplatz hin. Foto: Marius Becker/dpa/Archivbild
Ein Schild weist vor einer Schule auf einen für die Schulleitung reservierten Parkplatz hin. Foto: Marius Becker/dpa/Archivbild © dpa

München (dpa/lby) - Für einen reibungslosen Schulalltag muss das Amt von Schulleitern aus Sicht des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) dringend aufgewertet werden. "Die Staatsregierung muss jetzt in Zeiten des Lehrermangels Anreize schaffen", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. "Die Gefahr, dass sich das Thema vakante Schulleitungen in den nächsten Jahren verschärft, ist groß." Neben mehr Geld gehe es auch um Fragen, wie Arbeit verteilt und Schulleiter entlastet werden können. Eine länger unbesetzte Schulleitung sei eine Bankrotterklärung. "Stellen Sie sich mal ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern vor ohne Chef."

Nach Angaben des Kultusministeriums waren an Grund- und Mittelschulen in Bayern zum Stichtag 1. Oktober weniger als ein Prozent der Schulleiterstellen unbesetzt. Wegen Ruhestands oder Wechsels auf andere Stellen würden hier jährlich etwa 300 Schulleitungen neu besetzt. An den 322 staatlichen Gymnasien seien pro Jahr etwa 10 bis 15 Prozent der Schulleitungen neu zu besetzen. Zudem seien derzeit von 238 Schulleiterstellen an staatlichen Realschulen drei unbesetzt.

"Generell gilt: Frei werdende Schulleiterstellen an den staatlichen Schulen in Bayern werden rechtzeitig ausgeschrieben, so dass eine kontinuierliche Besetzung der Schulleitung gewährleistet ist", erläuterte ein Ministeriumssprecher. Kurzfristige Lücken entstünden üblicherweise nur, wenn Besetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen seien. "In solchen Fällen ist die betroffene Schule jedoch nicht ohne Schulleitung, denn die Amtsgeschäfte übernimmt qua Amt bis zur Besetzung der Stelle der ständige Vertreter des Schulleiters der Schule, der hierfür entsprechend vom Unterricht freigestellt wird und die erforderliche Leitungszeit erhält", teilte der Sprecher mit.

Fleischmann schilderte einen Trend, dass anders als früher häufig nur ein bis zwei Bewerbungen vorlägen pro Schulleiterposten. "Und dieser eine wurde dann oft überredet." Schulleitungen spielten für die Bildungsqualität aber eine zentrale Rolle. "Daher müssen wir dafür sorgen, dass der Beruf die höchste Attraktivität hat."

Ein Problem sei die Bezahlung: "Die Besoldung ist bemessen an der Schülerzahl, bei einer kleinen Grundschule sind das ein paar Hundert Euro mehr als bei einem normalen Lehrer", sagte sie. "Das machen die Kollegen dann vor allem aus Überzeugung und nicht wegen des Geldes."

Der zweite Kritikpunkt sei, dass Schulleiter in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben bekommen hätten. Neben der Leitung einer eigenen Klasse sollen sie beispielsweise Medienkonzepte schreiben und umsetzen, Schulungen organisieren, Experten zur Demokratiebildung einladen, die Ganztagsgarantie bis 2025 auf die Beine stellen und Unterrichtsbesuche etwa für Referendarinnen und Referendare planen, wie die BLLV-Chefin auflistete. Das sei zu viel für eine Person.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, spricht ebenfalls von einem deutlichen Rückgang an Bewerbern. "Schulleitung in Zeiten von Lehrermangel ist noch mal ein deutlich undankbareres Geschäft geworden", sagte der Rektor aus Deggendorf. "Es gibt Grundschulleiter, die endlos Vertretungsstunden machen." Darüber hinaus seien Sekretariate oft dünn besetzt. "An kleineren Schulen schreibt teilweise die Schulleiterin die Briefe selber."

Auch das Berufsprestige sei nicht mehr so hoch wie einst. Die Anforderungen seien dagegen "enorm gewachsen". Ob Angriffe von Schülern auf Lehrer oder Eltern, die mit dem Rechtsanwalt drohen, wenn die Noten ihrer Sprösslinge schlecht sind - alle Probleme landen auf dem Tisch des Schulleiters. Die Schülerschaft werde schwieriger und die Eltern seien "anspruchsvoller geworden", sagt Meidinger. "Sie betrachten die Schule als Dienstleister und sich selber als Kunden."

Fleischmann wäre daher für Schulleiterteams mit dafür ausreichender Ausstattung an Personal und Geld, um Aufgaben verteilen zu können. "Eigenverantwortlichkeit der Schule ist richtig und wichtig, aber nur mit den entsprechenden Ressourcen." Denkbar wäre auch, Schulleiter von einer Klassenleitung zu entlasten. "Jedenfalls darf es nicht bei Sonntagsreden über die Bedeutung von Schulleitungen bleiben."

Zudem brauchten angehende Schulleiter die nötige Ausbildung. "Wir merken immer öfter, dass viele, die zum Beispiel Konrektor werden sollen, Schulungen vermissen und sich das gar nicht zutrauen", sagt Fleischmann. Der Ministeriumssprecher verwies insbesondere darauf, dass es in Bayern seit 2007 ein Qualifizierungsmodell für Führungskräfte der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen gibt. In drei Modulen gehe es unter anderem um die Ausbildung von Schulleitern und um Weiterqualifikation.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.