Wer bekommt die 50000 Euro Belohnung?

Der mutmaßliche Mörder von Ursula Herrmann hatte vermutlich fünf Komplizen. Der Kreis der Beschuldigten in dem spektakulärern Kriminalfall, der am Donnerstag eine überraschende Wende bekam, wird ausgeweitet. Die Polizei sucht nach einem wichtigen Zeugen.
von  Abendzeitung
Sie erstickte qualvoll in einer Kiste: Ursula Herrmann.
Sie erstickte qualvoll in einer Kiste: Ursula Herrmann. © dpa

MÜNCHEN/AUGSBURG/ECHING - Der mutmaßliche Mörder von Ursula Herrmann hatte vermutlich fünf Komplizen. Der Kreis der Beschuldigten in dem spektakulärern Kriminalfall, der am Donnerstag eine überraschende Wende bekam, wird ausgeweitet. Die Polizei sucht nach einem wichtigen Zeugen.

Es ist unmöglich, dass ein einzelner Mann die Entführung der kleinen Ursula Hermann (10) geplant und ausgeführt haben konnte und anschließend die Eltern des Mädchens erpresste – davon waren die Ermittler von Anfang an überzeugt. Neben Werner M. (58), Sohn eines Polizisten aus dem Ruhrgebiet, der nun in Augsburg wegen des Verdachts des erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge in einer Einzelzelle sitzt, gab es noch mindestens fünf weitere Mitwisser oder Mittäter. Davon gehen die Ermittler derzeit aus. Gegen drei Beschuldigte – darunter die Ehefrau von Werner M. – wird noch ermittelt. Zwei weitere Beschuldigte sind mittlerweile tot.

Über 26 Jahre hatten die Clique um Werner M. offenbar zusammen gehalten und sich gegenseitig gedeckt: Vier Männer und zwei Frauen. Nur einmal war einer der mutmaßlichen Mitwisser kurzzeitig umgefallen: Ein Gemeindemitarbeiter gestand der Polizei, dass er im Auftrag von Werner M., der in Eching ein TV-Geschäft mit Reparaturwerkstatt betrieb, im Wald ein großes Loch ausgehoben hatte. Der Mann hatte Detailwissen. Er kannte die Bodenbeschaffenheit und die Größe des von ihm beschriebenen Lochs reichte aus, um darin die Kiste zu versenken.

Der Mann mit dem Spaten starb 1992

Doch als der Mann die Polizei zu dem Ort im Wald führen wollte, bekam er es plötzlich mit der Angst zu tun. „Er fiel um“, wie es im Ermittler-Jargon heißt, widerrief seine Aussage und behauptete, er habe alles nur erfunden. Dabei gab es sogar einen Zeugen, der den Gemeindemitarbeiter gesehen hatte, als er auf seinem Mofa, mit dem Spaten über der Schulter aus dem Wald fuhr. Doch die Polizei musste den Mann mit dem Spaten ziehen lassen. Heute kann er nicht mehr befragt werden: Er starb 1992.

Sieben Jahre später starb noch ein weiterer mutmaßlicher Mittäter bzw. -wisser. Er hatte Werner M. ein falsches Alibi gegeben. Übrig geblieben sind nun noch drei: Werner M.s Ehefrau, die nach einem Unfall vor vielen Jahren gesundheitlich angeschlagen sein soll sowie ein Ehepaar, das in Nordbayern lebt. Laut Chefermittler Josef Geißdörfer vom Landeskriminalamt schweigt das Ehepaar zu den Vorwürfen. „Wir müssen die Tatbeteiligung noch prüfen.“

Zumindest 1981 muss es einen Zeugen gegeben haben, der der Polizei auch heute noch wichtige Hinweise geben könnte – und der möglicherweise Anspruch auf 50000 Euro Belohnung hat!

Nur wenige Tage, nachdem Ursula Herrmann gefunden worden war – zusammengekauert in einer nur einen halben Quadratmeter großen Kiste, die hochkant im Wald eingegraben war – gab ein anonymer Mann der Polizei den Tipp: Er sagte den Beamten sinngemäß, sie sollten sich den TV-Techniker aus Eching vornehmen. Nach unbestätigten Informationen, soll er sogar mehrmals mit der Polizei in Verbindung getreten sein.

Wer ist dieser wichtige Zeuge? Lebt er noch? Das Bayerische Innenministerium lobte im Fall Ursula Herrmann eine Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen 50000 Euro aus. Sie gilt nach wie vor.

Zeitweise war die Summe sogar doppelt so hoch: Als 2005 Eduard Zimmermann (Aktenzeichen XY ...ungelöst) seine Autobiographie „Auch ich war ein Gauner“ vorstellte, erhöhte er die Summe auf 100000 Euro. Seine Frist für eine Auszahlung ist allerdings inzwischen abgelaufen. – Dem TV-Fahnder ging es wie unzähligen Ermittlern: Er konnte den Anblick des toten Mädchens nie vergessen. Dass die Täter nicht gefasst wurden, bezeichnete er als seine „größte Niederlage“.

"Täter in permanenter Angst"

Chefermittler Josef Geißdörfer ist sich sicher: Sämtliche Täter „leben in permanter Angst, doch noch erwischt zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man so etwa verdrängen kann.“

Nina Job

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