Wenn der Nürnberger Zoll Exoten aus den Koffern fischt...
Verbotene "Mitbringsel" kosten Touristen bis zu 10.000 Euro. Lebende Exemplare werden in den Tiergarten gebracht - erst letzte Woche zwei Maurische Landschildkröten
NÜRNBERG Manche Dinge sind wunderschön, manche so hässlich, dass man nicht glauben kann, dass jemand sich so etwas freiwillig in sein Wohnzimmer stellen will: Doch sowohl die Riesenmuschel und die Ketten aus blauer Koralle als auch der Brillenkaiman mit Murmelaugen, die geschmacklose Tasche mit Waran-Kopf oder eingelegte Seepferdchen sind illegale Urlaubsmitbringsel. Sie alle landen bei Diplom-Finanzwirtin Martina Stumpf vom Hauptzollamt Nürnberg – und kommen ihre ehemaligen Besitzer teuer zu stehen.
Erst letzte Woche wurde ein Urlauber erwischt, der zwei Maurische Landschildkröten in seiner Handtasche durch den Zoll schmuggeln wollte. Die Tiere gehören zu den 48.000 Arten, die auf Grund der Bedrohung ihrer Populationen unter den höchsten Schutz gestellt sind. Jetzt werden sie bei einem Tiergarten-Mitarbeiter aufgepäppelt.
„Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass dieses Jahr von der UN zum internationalen Jahr der biologischen Vielfalt erklärt wurde“, sagt Martina Stumpf. Nach Schätzungen der Biologen sterben weltweit täglich 150 Tier- und Pflanzenarten aus, vor allem, weil ihre Lebensräume durch den Menschen bedroht werden – und weil Reisende geschützte Tiere und Korallen oder daraus fabrizierte Produkte von der Reise mitbringen.
„Wenn jemand erwischt wird, ist auf jeden Fall eine Anzeige fällig“, erklärt Martina Stumpf. Im Schnitt „kostet“ das verbotene Souvenir dann mehrere hundert Euro. In Extremfällen könnten es aber auch 10.000 oder mehr Euro sein.
„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"
Die Skala der Geschmacklosigkeiten ist nach oben offen. Die Zollamtsrätin erinnert sich an ihre „persönlichen Gruselhighlights“: einen als Hocker verwendeten Elefantenfuß oder an ein aufgestelltes kleines Krokodil, das einen Lampenschirm hält.
Ganz wichtig: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!“ betont die Expertin – Korallen und Waran-Taschen dürfen auch nicht mitgebracht werden, wenn sie vor Ort in einem Geschäft, auf einem Basar oder einem fliegenden Händler gekauft wurden. „Ich sage den Leuten immer: ,Verlassen Sie sich keinesfalls auf die Aussagen der Verkäufer. Kokain verkauft man Ihnen auch, wenn Sie es wollen.“ Jeder will ein Geschäft machen.“ Wer sicher gehen will, braucht ein Zertifikat. Ist das nicht vorhanden, muss man sein Souvenir beim Zoll abgeben – so wie der Reisende aus Marokko. Seine Schildkröten wird er nicht mehr wiederbekommen. Sie werden im Tiergarten eine neue Heimat finden – wie die meisten lebenden Urlaubsmitbringsel.
Bei Tiergarten-Chef Helmut Mägdefrau und seinen Mitarbeitern werden sie dann erstmal artgerecht versorgt. Er erinnert sich auch an einen illegalen Tierhändler, der vor zwölf Jahren verpackt in Taschen und Koffern 200 Warane, 34 Kragenechsen und 20 Riesenschlangenbabys dabei hatte. Oder an einen Mann, der 1981 mit Totenkopfäffchen erwischt wurde. Auch sie fanden eine neue Heimat im Tiergarten – seitdem können die Nürnberger die putzigen Wesen am Schmausenbuck bewundern.
Andrea Uhrig
Wer sicher gehen will, was er aus dem Urlaub mitnehmen darf, der kann sich im Internet ausführlich informieren. Auf www.artenschutz-online.de finden sich alle geschützten Tier- und Pflanzenarten.
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