Weniger Tierversuche in Bayern: Ruf nach Alternativen

2019 wurden weniger Tierversuche genehmigt als im Vorjahr. Kritiker sehen in der Corona-Krise alternative Forschungsmethoden im Vorteil - und fordern eine Umwidmung von Steuergeldern.
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Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin hat in einem Labor eine Maus in der Hand. Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild
dpa Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin hat in einem Labor eine Maus in der Hand. Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

München/Würzburg (dpa/lby) - Die Zahl genehmigter Tierversuche in Bayern ist rückläufig. Im vergangenen Jahr wurden 282 Tierversuche genehmigt, wie die zuständigen Regierungen von Oberbayern und Unterfranken auf Anfrage mitteilten. Im Jahr zuvor waren es 354 Genehmigungen gewesen.

Die Regierung von Unterfranken erlaubte für die drei fränkischen Bezirke sowie die Oberpfalz im vergangenen Jahr 127 Tierversuche. Den Angaben zufolge wurden diese für 466 000 Mäuse, 49 800 Ratten, 2200 Fische, 60 Gerbils (Rennmäuse), zwei Uhus, 500 Schweine und 60 Fledermäuse genehmigt. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Tiere tatsächlich zum Einsatz kommen, sagte ein Sprecher.

Für Ober- und Niederbayern sowie Schwaben genehmigte die Regierung von Oberbayern im vergangenen Jahr 155 Tierversuche. Für die Versuche sollte überwiegend Ratten und Mäuse eingesetzt werden. In diesem Jahr liege ein Antrag auf ein Tierversuchsprojekt im Zusammenhang mit der Erforschung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 vor, sagte eine Sprecherin.

Bei ihrer Entscheidung, einen Tierversuch zu genehmigen, sind die Behörden an das Tierschutzgesetz gebunden. Versuche mit Tieren dürfen danach nur genehmigt werden, wenn sie der Grundlagenforschung oder der Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten dienen. Die zu erwartenden Schmerzen der Tiere müssen ethisch vertretbar sein. Sollte es andere Möglichkeiten geben, die Forschungsergebnisse zu erreichen, müssen diese genutzt werden.

Die Augsburger Medizinerin und Vorstandsmitglied bei Ärzte gegen Tierversuche, Rosmarie Lautenbacher, kritisierte die Versuche. Gerade in der Corona-Krise zeigten sich die Vorteile alternativer Forschungsmethoden. Dazu gehörten aus menschlichen Zellen gezüchtete Organe wie Miniherzen und Minihirne oder Lungen, die mittels 3D-Druck hergestellt werden könnten. Auch sogenannte Multi-Organ-Chips, auf denen menschliche Zellmodelle der Lunge und anderer Organe, etwa des Immunsystems, zusammengeschaltet sind, seien ideal geeignet, um Infektionsforschung zu betreiben und könnten für die Erforschung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus eingesetzt werden.

"Testungen am Tier sind viel zu langwierig und nur unzuverlässig auf den Menschen übertragbar, um in einer Situation wie dieser mit der rasanten Verbreitung des Virus mitzuhalten", sagte die Ärztin. Die reguläre Entwicklung von Impfstoffen mittels Tierversuchen dauere mindestens zehn Jahre.

In einer Online-Petition fordert der Verein den Verzicht auf ein Tierversuchslabor auf dem neuen Universitätscampus in Augsburg und die Umwidmung der Mittel für tierversuchsfreie Forschungsmethoden.

Der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, sagte, aus ethischen Gesichtspunkten müssten Tierversuche langfristig ganz ersetzt werden. "Solange wir aber noch keine verlässliche Alternative zur Pharmaforschung an Tieren haben, halte ich diese zur Erprobung lebensrettender Artzney für vertretbar." Ein absolutes No-Go seien für ihn aber Tierversuche zur Erforschung von Kosmetika, die es trotz Verbots immer noch gebe.

Zukunftsweisend wäre es aus Hartmanns Sicht, in Augsburg Alternativmethoden zu Tierversuchen zu entwickeln und damit einen weiteren bayerischen Forschungsleuchtturm zu errichten. Viele andere Länder setzten schon auf tierleidfreie Forschung. Techniken aus Bayern könnten zum Exportschlager werden.

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