Welche Zukunft hat das Skifahren in Bayern? Das diskutierten Bürger

In einem anderen Ort wäre die Diskussion vielleicht ganz anders verlaufen. Ausgerechnet der Wintersportort Oberstdorf war Austragungsort für diese Wintersportausgabe der BR-Sendung "Jetzt red i" am Mittwochabend – kaum eine bayerische Gemeinde hätte sich wohl besser geeignet. Hier brennen die Menschen fürs Skifahren, und wohl genau deshalb spielten die Emotionen an diesem Abend eine große Rolle.
"Wir bieten Bewegung an"
"Wir bieten eine Freizeitaktivität an, wir bieten Sport an, wir bieten Bewegung an", sagte Skilehrer David Berktold. Beschneiung sei dabei kein Problem. Doch soll man Skigebiete in Zeiten des Klimawandels wirklich noch beschneien? Können Skifahrer noch guten Gewissens die Berge hinunterschlittern? Und soll der Freistaat das Ganze angesichts knapper Kassen unterstützen?
Auch in Höhen bis zu 2000 Metern müssen Pisten teils beschneit werden. Am Nebelhorn zum Beispiel laufen derzeit 85 Schneekanonen durchgehend bis Weihnachten, um eine Grundlage zu schaffen - und verbrauchen dabei Wasser und Energie.
Beschneiung sei nicht das eigentliche Problem
Oskar Fischer, der seit 20 Jahren als Schanzenführer in Oberstdorf arbeitet, räumte Bedenken zu Schneekanonen aus dem Weg. Es gebe viele falsche Behauptungen rund um das Thema. Beschneiung sei keine Chemie, kein Gift und nichts anderes, als "wenn ich im Sommer den Garten gieße".
Dieses Argument kam aus mehreren Richtungen – Beschneiung sei nicht das eigentliche Problem am Skifahren, schließlich gehe das aus Stauseen entnommene Wasser wieder in den Boden zurück. Ein viel größeres Problem seien die CO2-Emissionen, die bei An- und Abreise entstünden – rund 80 Prozent machten diese aus.
Oberstdorf hofft auf Elektrifizierung
Schuld daran sei der Freistaat, der Autos und Straßen subventioniere, aber die öffentlichen Verkehrsmittel vergesse. Besonders umweltschädlich sei jedoch nicht die Anreise aus der nächsten Umgebung, sondern von weiter her, sagte die , Landrätin des Kreises Oberallgäu, Indra Baier-Müller (Freie Wähler).
Deswegen hoffe sie, dass die Zugstrecke nach Oberstdorf bald elektrifiziert werde. 2,5 Stunden sei sie von München aus nach Oberstdorf unterwegs gewesen, meinte Gisela Sengl, Landesvorsitzende der bayerischen Grünen. "Am Ende wurde es immer langsamer."
Grüne befürworten bestehende Beschneiungsanlagen
Doch wie bekommt ein Skigebiet die Leute möglichst umweltfreundlich zu sich, welche Investitionen muss es für den Klimaschutz tätigen? "Wer gern Ski fährt, muss sich für Klimaschutz einsetzen", fasste Sengl zusammen. Die Grünen befürworteten, dass bestehende Beschneiungsanlagen weiter betrieben werden, neu investiert soll jedoch nicht mehr werden.
Genau das geschieht in Oberstorf jedoch derzeit: ein neuer Speichersee sei am Fellhorn in Planung, bestätigte Henrik Volpert, Chef der Oberstdorfer Bergbahn AG. Das dort gespeicherte Wasser soll für die künstliche Beschneiung verwendet werden.
150 Millionen Liter Wasser umsonst?
Wie es sein könne, dass die Bergbahn 150 Millionen Liter Wasser umsonst bekomme, fragte Michael Finger vom Bund Naturschutz Oberstdorf. Wieso werde die Skitechnik vom Freistaat subventioniert, während bezahlbare Wohnungen auf der Strecke blieben?
Dennoch sprachen sich viele der Gäste im Studio für Investitionen in Beschneiungsanlagen und neue Technik aus. Der Ort lebe vom Tourismus – und so müsse es weitergehen mit dem Skifahren, darin waren sich viele einig. "Alle verdienen damit", sagte Bürgermeister Klaus King. Der Ort brauche diesen Tourismus, der Skifahrer sei ein "wertvoller Gast".
Holetschek befürwortet Investitionen in den Tourismus
Investitionen in den Tourismus befürwortete auch Klaus Holetschek, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag. "Ich freue mich über jeden, der in dieses Land investiert, der Winter gehört zu Bayern, der Winter gehört zum Allgäu", sagte ein sich schon im Wahlkampfmodus befindender Holetschek.
Tourismus sei Fluch und Segen zugleich, sagte Armin Kling, der einen Bergbauernhof in der Region bewirtschaftet. "Es hilft uns nichts, wenn wir alles schlecht reden und unseren Gast in das heilige gesegnete Österreich oder benachbarte Tirol schicken."
Angesichts der emotionalen Diskussion verwunderte eine Zahl: Nur 15 Prozent der Übernachtungsgäste in Oberstdorf fahren tatsächlich Ski. Ob man angesichts dessen nicht auf das falsche Pferd setze, fragte Oberstdorfs dritte Bürgermeisterin Bergith Hornbacher-Burgstaller (Grüne).