Weiter keine Gewissheit über Wolf in bayerischen Alpen
Ist es ein Wolf oder nicht? Diese bange Frage treibt seit Tagen nicht nur Bauern im Inntal südlich von Rosenheim um. Es gibt Anzeichen dafür, dass eine Hirschkuh von einem Wolf gerissen wurde, allein der Nachweis fehlt – noch. Die Behörden untersuchen den Fall.
Brannenburg/Augsburg – Auch Tage nach dem Fund einer womöglich von einem Wolf gerissenen Hirschkuh im oberbayerischen Inntal haben die Behörden keine Gewissheit über die Existenz des Raubtieres. „Wir haben derzeit nur Indizien, aber keine Bestätigung“, sagte der Sprecher des Landesamtes für Umwelt (LfU), Stefan Zoller, am Dienstag in Augsburg. „Wir müssen das Ergebnis der Untersuchungen abwarten.“
Am Samstagmorgen war im Gebiet zwischen Brannenburg und Oberaudorf (Landkreis Rosenheim) der Kadaver einer gerissenen Rothirschkuh gefunden worden. Es deutet einiges auf einen Wolf als Verursacher hin. Das Wildtier könne aber auch von einem streunenden großen Hund getötet worden sein, sagte Zoller. Das Ergebnis der DNA-Analyse soll in spätestens zwei Wochen vorliegen.
Über den genauen Fundort des Kadavers und die Personalien der beteiligten Jäger oder Landwirte hüllt sich das LfU in Schweigen. „Wir haben das mit den Betroffenen so abgesprochen“, erläuterte Zoller. Nur so viel: Die nicht trächtige Hirschkuh lag in einer Wiese am Waldrand, sie war nur wenige Stunden vor dem Fund gerissen worden.
Das landwirtschaftlich intensiv genutzte Inntal ist im Westen und Osten von Bergen umgeben. Im Sommer treiben dort viele Bauern ihr Vieh auf die Almen. Aber auch im Tal weiden auf landwirtschaftlichen Flächen im Sommer Rinder und Schafe.
Sollte sich herausstellen, dass dort tatsächlich ein Wolf aus den Südwestalpen eingewandert ist und sich auch längerfristig dort aufhält, greift das Wildtiermanagement. Von den Behörden wird eine sogenannte Gebietskulisse festgelegt. Innerhalb dieser Zone werden Tierhaltern Entschädigungen gezahlt, wenn sie trotz Vorsorgemaßnahmen Verluste durch einen großen Beutegreifer – Bär, Wolf oder Luchs - haben. Die naheliegendste Schutz sind Elektrozäune, die Bauern kostenlos ausleihen können.
Prinzipiell müsse der Freistaat nicht für Schäden durch Wildtiere aufkommen, erläuterte LfU-Sprecher Zoller. Dennoch existiert ein großenteils vom Staat finanzierter Entschädigungsfonds mit festgelegten Sätzen für Nutztierverluste – maximal 5000 Euro bei einem Pferd. Auch würden Pilotprojekte wie etwa die Anschaffung von Herdenschutzhunden finanziert. Im Gegensatz zu Schäferhunden, die die Herden lediglich zusammenhalten, leben solche Schutzhunde mit den Schafen zusammen und schützen sie gegen Eindringlinge.
Auf Almen, deren Weideflächen oftmals nicht mit Zäunen zu schützen sind, gibt es die Möglichkeit der Behirtung, wie es Zoller nennt, oder des nächtlichen Einpferchens von Herden. Der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern hat eine eigene Wolfsbeauftragte, die den Bauern Informationen zum Wildtiermanagement liefert und den Kontakt zu den Behörden hält. Zoller verwies auf das „Netzwerk Große Beutegreifer“ mit seinen 120 ehrenamtlichen Mitarbeitern – Jäger, Förster und Landwirte. Auch sie sind als Ansprechpartner für Betroffene vor Ort schnell erreichbar und vermitteln Kontakte zu Fachleuten.
Bereits vor drei Jahren hatte ein im Mangfallgebirge streunender Wolf monatelang für erhebliche Unruhe in der Bevölkerung gesorgt. Der Wolf – das Tier gilt in Bayern seit 130 Jahren als ausgerottet - hatte damals 15 Stück Rotwild, zwei Rehe und 28 Schafe gerissen. Danach wurde seine DNA nicht mehr nachgewiesen. So fehlte der sichere Beweis für die Anwesenheit des Tieres. Es wurde vermutet, dass der Wolf an der Staupe verendete. Hartnäckig hielten sich aber auch Gerüchte, ein Wilderer habe das Tier erlegt. Weil der Wolf strengem Artenschutz unterliegt, darf er nicht abgeschossen werden.
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