Wegen Hochwasser: Kehrtwende bei der Elementarschaden-Pflichtversicherung?

Vor einigen Jahren hat Bayerns Regierung das Thema noch anders gesehen, nun deutet sich ein Umdenken in der Frage nach einer Elementarschaden-Pflichtversicherung an.
von  Ralf Müller
Eine Luftaufnahme zeigt überschwemmte Straßen in Schrobenhausen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen.
Eine Luftaufnahme zeigt überschwemmte Straßen in Schrobenhausen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. © Marc Gruber/tv7news/dpa

München - Vor dem Hintergrund der jüngsten Hochwasserwelle hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Kurswechsel in der Frage einer Elementarschaden-Pflichtversicherung angedeutet.

Bayerische Staatsregierung war bislang gegen eine Elementarschaden-Pflichtversicherung

Bislang hat sich die bayerische Staatsregierung gegen eine solche ausgesprochen. "Die Lösung kann nicht in staatlichem Zwang liegen, sondern nur in einem marktwirtschaftlichen Ansatz", heißt es in einer mit allen kommunalen Spitzenverbänden und den meisten Unternehmen der Versicherungswirtschaft verabschiedeten Erklärung aus dem Jahr 2017.

Und weiter: "Information und Eigenverantwortung, nicht Zwang, sind Maßstäbe der Politik der bayerischen Staatsregierung." Diese Maßstäbe scheint der Klimawandel jetzt buchstäblich aufzuweichen. Die CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (NRW) und Boris Rhein (Hessen) sprachen sich für eine Elementarschaden-Pflichtversicherung aus: "Wir sehen alle, dass Extremwettereignisse zunehmen", sagte Rhein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

99 Prozent der Privathäuser sind gegen Elementarschäden versicherbar

Man geht davon aus, dass 99 Prozent aller privaten Wohngebäude im Freistaat gegen Elementarschäden versicherbar sind. Inzwischen sind etwa 45 Prozent aller Wohngebäude auf diese Weise geschützt. Der Anteil der versicherten Wohngebäude steige "kontinuierlich an", teilte das Wirtschaftsministerium mit. Je nach Gefährdungslage ihrer Immobilie müssen Einfamilienhausbesitzer mit 100 bis zu 2000 Euro Jahresprämie rechnen.

Inzwischen haben sowohl die Grünen als auch die SPD im Bayerischen Landtag Soforthilfen für die von der aktuellen Flut Betroffenen verlangt. Die Vorsitzende der Landtagsgrünen, Katharina Schulze, forderte ein Soforthilfeprogramm von "mindestens 100 Millionen Euro für Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen", das den Rücklagen entnommen werden solle. Vorbild könnten die Hilfen sein, die nach dem Hochwasser und Sturzfluten 2016 und 2021 auf den Weg gebracht worden seien, sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn.

Keine Versicherung? Trotz Beschluss der Staatsregierung sind Soforthilfen möglich

Unverändert gilt allerdings ein Beschluss der Staatsregierung vom März 2018, wonach ab 1. Juli 2019 keine finanziellen Unterstützungen mehr in Form von Soforthilfen gewährt werden, wenn keine Versicherung abgeschlossen wurde, obwohl diese möglich gewesen wäre. Möglich bleiben jedoch "Härtefallregelungen im Einzelfall". Söder versprach, auch die aktuellen Hochwasserschäden durch "Soforthilfe" auszugleichen. Menschen, die ihre Häuser nicht versichert haben, hätten Anspruch auf Soforthilfe, wenn die Not besonders groß sei. Wer Flutschäden erlitten hat, kann nach seinen Worten mit einer ersten Unterstützung von bis zu 5000 Euro rechnen. Der bayerische Ministerrat berät an diesem Dienstag über das weitere Vorgehen.

Bayerischer Hochwasserschutz: "Effekte sind begrenzt"

Bayern setze beim Hochwasserschutz vor allem auf technische Maßnahmen. Deren Effekte seien aber begrenzt, teilte der Bund Naturschutz (BN) mit. Durch den weiterhin hohen Flächenverbrauch von über zwölf Hektar am Tag fließe das Wasser viel zu schnell direkt in die Flüsse ab, sagte BN-Landesbeauftragter Martin Geilhufe. Dazu kämen viele Fehler der letzten Jahrzehnte, durch welche die Landschaft "systematisch entwässert und so umgebaut wurde, dass sie das Wasser nicht mehr halten kann".

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