Wegen Corona: Deutlich weniger Bergunfälle

Erfreuliche Nachrichten vom Deutschen Alpenverein (DAV) und seinen 1,4 Millionen Mitgliedern: Trotz des Ansturms auf die Berge hat der DAV im vergangenen Jahr deutlich weniger Bergunfälle seiner Mitglieder verzeichnet als in den Jahren zuvor.
Die Zahl sank demnach auf 669 gegenüber 935 im Vorjahr - ein Rückgang um ein Viertel. Das teilte der DAV am Mittwoch bei der Vorstellung seiner Bergunfallstatistik in München mit.
Auch die Zahl der tödlich Verunglückten hat - in Relation zu den Mitgliederzahlen - mit 32 laut Julia Janotte von der DAV-Sicherheitsforschung das niedrigste Niveau seit Datenerfassungsbeginn erreicht. Die DAV-Zahlen stehen dabei dem allgemeinen Trend entgegen: Unter anderem die Bergwacht Bayern, aber auch der Schweizer Alpen-Club und die Alpinpolizei Österreich berichten gerade seit Beginn der Pandemie und dem damit verbundenen Andrang auf Ziele in der Natur über steigende Unfallzahlen.
DAV-Mitglieder sind defensiver unterwegs, meint die Expertin
Ein möglicher Grund für die Diskrepanz sei, dass DAV-Mitglieder defensiver unterwegs seien und über eine bessere alpine Ausbildung verfügten, sagte Julia Janotte. Zudem waren im Winter 2020/2021 in Deutschland die Skigebiete geschlossen, Pistenunfälle fielen daher weg.
Fast die Hälfte aller Unfälle ereignete sich beim Wandern. Das sei nicht verwunderlich, da das Wandern die am häufigsten ausgeübte Sportart der DAV-Mitglieder sei, wie aus einer Befragung im DAV-Magazin Panorama hervorgehe, hieß es dazu gestern. In 60 Prozent der Fälle war ein Sturz ohne Fremdeinwirkung die Ursache - damit die häufigste Ursache für Unfälle.
Es sei wichtig, sich selbst richtig einzuschätzen, mit dem Wandern langsam anzufangen und die passende Ausrüstung dabei zu haben. Denn die meisten Menschen stürzen, weil sie erschöpft und dadurch unaufmerksam sind, ergänzte Lorenz Berker von der DAV-Sicherheitsforschung.
Die überwiegende Zahl der Unfälle passiere beim Abstieg, so Janotte. Hier ist besondere Vorsicht geboten.
Zusätzliche Gefahren speziell im Hochgebirge bringt den Angaben zufolge der Klimawandel mit sich. Mit dem Abtauen von Gletschern und Permafrost, der wie ein Kleber das Gestein in der Höhe zusammenhält, steige die Gefahr von Fels- und Eisstürzen, sagte Berker. Der massive Felssturz an der Marmolata in den Dolomiten im Juli mit elf Toten hatte Bergsportler und Klimaforscher aufgeschreckt. Aus dem Gletscher war eine ganze Schicht herausgebrochen (AZ berichtete).
Manche Hütten etwa am Mont Blanc seien dieses Jahr wegen Steinschlag- und Felssturzgefahr geschlossen gewesen, andere DAV-Hütten hätten wegen Wassermangels nicht öffnen können.
Gerade im hochalpinen Gelände müsse daher zunehmend mit folgenden Gefahren gerechnet werden, so der DAV:
- Erhöhte Stein- und Eisschlaggefahr
- Spaltensturzgefahr durch Aufweichen des Schnees und Kollabieren ganzer Schneebrücken
- Mitreißgefahr vor allem auf steilen Gletscherabschnitten und allgemein in Flanken
- Nassschneerutsche, erhöhte Anstrengung durch tiefes Einsinken
"Hochtouren werden noch gefährlicher oder sind teilweise nicht mehr durchführbar", sagte Berker. Hier sei Verzicht "das Mittel der Wahl".