Was verschweigen Sie, Herr Staatsanwalt?

U-Bahn-Schlägerei: Eine Zeuge lässt die Blut-Tat von Neonazi Peter R. an Birol B. in anderem Licht erscheinen, als die Behörde es bislang dargestellt hat
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Neonazi Peter R. hat auf dem U-Bahnhof Plärrer den 17-jährigen Birol B. fast totgeprügelt.
Robert Andreasch Neonazi Peter R. hat auf dem U-Bahnhof Plärrer den 17-jährigen Birol B. fast totgeprügelt.

U-Bahn-Schlägerei: Eine Zeuge lässt die Blut-Tat von Neonazi Peter R. an Birol B. in anderem Licht erscheinen, als die Behörde es bislang dargestellt hat

NÜRNBERG Drei Wochen ist der Überfall im U-Bahnhof Plärrer auf Birol B. (17, Name geändert) her. Seitdem lautet die Standard-Aussage der Ermittlungsbehörden: Birol B. habe die Freundin des Neonazis Peter R. (24) beleidigt, woraufhin der zugeschlagen habe. Doch bereits seit 5. Mai liegt der Polizei und der Staatsanwaltschaft eine Zeugenaussage vor, wonach es eben nicht zu einer Beleidigung gekommen sei. Der Zeuge hörte nur einen Kommentar zur Tasche der Freundin des Täters – sie trug das Label von Thor Steinar, einem Erkennungszeichen der Rechten. Soll vertuscht werden, dass die Schlägerei einen politischen Hintergrund hat?

„Ich bestreite entschieden, dass seitens Polizei und Staatsanwaltschaft durch das Zurückhalten von Informationen eine Vertuschung beabsichtigt war“, so der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg. „Wir können in einem Verfahren, bei dem Zeugen noch ermittelt werden müssen, keine Details anderer Aussagen wiedergeben. Wir würden Gefahr laufen, dass andere Zeugen in ihrem Aussageverhalten geprägt werden.“

Video-Bilder aus der U-Bahn zeigen den Beginn der Prügelei: Das spätere Opfer Birol B. neigt seinen Kopf zur Freundin von Peter R.. „Es scheint auf den Bildern so, als habe Birol B. mit der Provokation begonnen. Doch das Video ist ohne Ton“, so Träg. Daraufhin schubst oder schlägt Peter R. den 17-Jährigen. Der taumelt und schlägt zurück – der Rest ist nicht zu sehen.

Zeugen bestreiten, dass der Begriff "Nazi-Schlampe" gefallen ist

Während R.s Freundin behauptet, Birol B. habe sie eine „Nazi-Schlampe“ genannt, hat der Zeuge direkt daneben genau das nicht gehört. Auch als die Frau den Zeugen später bat, doch die Beleidigung bitte bei der Polizei zu bekräftigen, bleibt der Zeuge bei seiner Wahrnehmung.

Die politische Sprengkraft dieser versuchten Tötung spiegelte sich am Mittwoch auch im Stadtrat wieder. Die Linke forderte Informationen ein. OB Ulrich Maly (SPD) sagte, die Polizei tappe noch im Dunkeln – es gebe zwei widersprüchliche Zeugenaussagen. Wobei allerdings nur die eine Zeugenaussage – die des Täters, dass eine Beleidigung der Freundin vorausging – öffentlich gemacht wurde.

Peter R. sagte auch aus, Birol B. habe die Hand gegen die Freundin erhoben – auch das kann der Zeuge, der direkt daneben stand, nicht bestätigen. Kampfsportler R. will erst in Nothilfe und letztlich in Notwehr zugeschlagen haben, nachdem Birol B. ihn angegriffen habe. Träg: „Die Bewertung der Frage, ob die Tat einen politischen Hintergrund hat oder ob er seiner Freundin zur Seite stehen will und falsch reagiert, muss die Hauptverhandlung zeigen.“

Peter R. hat bereits Erfahrung auf dem Gebiet der Schlägerei: Bei einer NPD-Mahnwache verprügelte er Menschen aus dem linken Spektrum derart, dass er dafür eine Bewährungsstrafe erhielt. S. Will

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