Was alles in unserer Bratwurst steckt

Maltodextrin, Diphosphat, Säuerungsmittel, Traubenzucker und ein Antioxidationsmittel – das sind allzu oft die Zutaten. Doch es gibt auch Ausnahmen...
von  Abendzeitung

Maltodextrin, Diphosphat, Säuerungsmittel, Traubenzucker und ein Antioxidationsmittel – das sind allzu oft die Zutaten. Doch es gibt auch Ausnahmen...

NÜRNBERG Rechtsdirektor a. D. Hartmut Frommer weiß, was sich gehört. Als Vorsitzender des „Schutzverband Nürnberger Rostbratwürste e.V.“ gleicht seine Schilderung über die Qualität der weltweit bekannten Würstchen einer einzigen Lobeshymne. Das Reinheitsgebot für Bier, so könnte man seine Worte interpretieren, ist ein Dreck dagegen. Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus...

Die Frage nach den Inhaltsstoffen einer original Nürnberger Rostbratwurst kommt zwischen Airport und Hafen einem Sakrileg nahe. „Das ist ein heißes Eisen“ murmelt ein Altstadtwirt und hat es dann ziemlich eilig.

Ein Stadtratsbeschluss vom 18. März 1998 liefert immerhin einen gewissen Aufschluss. Schweinefleisch muss demnach in Schafsdärmen stecken – und eine typische Majoran-Würzung aufweisen. Außerdem sind Größe (sieben bis neun Zentimeter) und Gewicht (20 bis 25 Gramm) vorgeschrieben – mehr nicht! Frommer und sein Schutzverband verkaufen diese vage Festlegung auf ihrer Internetseite aber ungerührt unter der Überschrift „Auch heute noch achtet der Rat der Stadt streng auf die Qualität ,seiner’ Bratwürste“.

„Wenn bestimmte Zusatzstoffe erlaubt sind, dürfen sie verwendet werden"

Klaus Distler, Abteilungsleiter im städtischen Ordnungsamt und zuständig für die Lebensmittelkontrolle, muss wissen, was in den Würsten steckt. „Wir haben wirklich wenig Anlass zu Beanstandungen. In den allermeisten Fällen entsprechen die Bratwürste dem Lebensmittelrecht“, versichert er.

Das Lebensmittelrecht hat europäischen Zuschnitt – und lässt der Produktion von Bratwürsten viele Wege offen. Distler: „Wenn bestimmte Zusatzstoffe erlaubt sind, dürfen sie verwendet werden. Auch bei Bratwürsten.“

Extreme Kleinbuchstaben geben Aufschluss

Was das bedeutet, kann man auf den Packungen vorgebrühter „Original Nürnberger Rostbratwürste“ eines Massenherstellers erkennen. Dort sind in extremen Kleinbuchstaben alle Inhaltsstoffe aufgedruckt. Wer in diese Wurst beißt, genehmigt sich unter anderem auch noch etwas Maltodextrin, den Stabilisator Diphosphat, Säuerungsmittel, Traubenzucker und ein Antioxidationsmittel. Lebensmittelkontrolleur Distler: „Dagegen schreiten wir nicht ein. Diese Zusatzstoffe sind erlaubt.“

Stabilisatoren für Geschmack und Haltbarkeit benötigen vor allem Produzenten vorgebrühter Würste, die in vielen Teilen der Welt verkauft werden. Wegen der langen Vertriebswege müssen sie auch möglichst lange haltbar sein.

Metzgermeister Stefan Wolf zum Beispiel, der den Familienbetrieb in der vierten Generation führt und wert auf hohe Qualität legt, kommt ohne jegliche Zusatzstoffe aus: „Unsere Nürnberger Bratwürste bestehen nur aus Schweinefleisch und Gewürzen mit einem hohen Majoran-Anteil. Stabilisatoren oder Geschmacksverstärker sind absolut tabu. Die brauchen wir auch deshalb nicht, weil unsere Bratwürste immer nur am Tag ihrer Produktion in den Handel kommen.“

Frische, nur einen Tag haltbare Rostbratwürste werden abgepackt auch in einer Nürnberger Feinkostabteilung angeboten. Auf Zusatzstoffe in der Wurst will man nicht verzichten. Unter anderem sind Maltodextrin, der Stabilisator E300, sowie Aromastoffe drin. Freundlicherweise wird man außerdem darauf hingewiesen, dass die Bratwürste auch Spuren von Weizen, Ei, Soja, Milch, Senf und Sesam enthalten können. Na dann, Mahlzeit!

Helmut Reister

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