Warum wird unsere Verwaltung erst jetzt bürgerfreundlich?
Ab 1. Januar haben einige Ämter jeweils montags bis 18 Uhr geöffnet – in anderen Städten gibt es diesen Service schon lange. Der Personalrat bremst – er sagt, Wartezeiten werden deshalb nicht kürzer
NÜRNBERG Lange hat’s gedauert: Doch ab 1. Januar 2011 wird die Verwaltung im Nürnberger Rathaus bürgerfreundlicher. Ab dann haben einige Ämter – unter anderem das Einwohner- und Passamt – jeweils montags bis 18 Uhr geöffnet. Doch ob dieser so genannte Dienstleistungs-Abend von Dauer ist, bleibt offen. Gestern beschlossen die Stadträte nur eine einjährige Erprobungsphase. Vor allem der Personalrat bremst.
Bei 33 Kommunen aller Größen hat Organisationsreferent Wolfgang Köhler (CSU) die Öffnungszeiten der Ämter abfragen lassen. Das Ergebnis ist für Nürnberg peinlich: Alle Kommunen bieten einen langen Dienstleistungstag mit Öffnungszeiten bis mindestens 18 Uhr an. Nur drei Städte haben noch kürzere Amts-Öffnungszeiten als Nürnberg mit 29 Stunden in der Woche. In Dresden etwa hat der Bürgerservice über 60 Stunden pro Wochen offen. In Schwabach, Münster und Köln sind es über 50 Stunden, in denen Bürger ihre Anträge abgeben und bearbeiten lassen können.
Zwei Stunden warten für einen Pass
Umfragen haben ergeben, dass die kurzen Öffnungszeiten häufigste Kritik an der Kundenfreundlichkeit der Nürnberger Stadtverwaltung sind. Das hat die CSU-Fraktion aufgegriffen und mehr Service eingefordert. „Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen schaffen wir eine Erhöhung der Öffnungszeiten um 20 Prozent“, rechnete Köhler gestern vor. So machen das Standesamt, die Führerscheinstelle und das Ordnungsamt künftig schon um 8 statt bisher 8.30 Uhr auf. Lob gab’s von CSU-Stadtrat Michael Reindl. Weil es aber trotz der längeren Arbeitszeit nicht mehr Personal geben wird, bezweifelte seine SPD-Kollegin Gabriele Penzkofer-Röhrl, „ob sich die Wartezeiten in den Ämtern dadurch wirklich verkürzen“. Bis zu zwei Stunden stehen die Nürnberger beispielsweise im Passamt an, im Schnitt sind es 45 Minuten.
Gerlinde Baumeister vom Gesamtpersonalrat zog denn auch in Zweifel, ob längere Öffnungszeiten wirklich mehr Geschwindigkeit bringen. „Im Gegenteil: Sie werden zu Engpässen in den Ämtern führen!“
Über so viel Unbeweglichkeit ärgert sich Stadtrat Joachim Mletzko (Grünen): „Alles verlagert sich immer mehr in den Abend. Wirklich bürgerfreundlich wären zwei Dienstleistungstage, die aber nicht bereits um 18 Uhr enden dürfen!“ Zukunftsmusik. Beschlossen wurde gestern nur die Probephase für den langen Montag.
Michael Reiner
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