Warum immer mehr hier leben wollen

So sieht Franken im Jahr 2029 aus: Während die Großstädte wachsen, schrumpfen und vergreisen die Ortschaften in Ober- und Unterfranken
von  lf/mir
Kultur, Bildung, Einkaufen und Arbeitsplätze: Immer mehr Menschen wollen das Angebot einer Großstadt ohne lästiges und teures Pendeln nutzen.
Kultur, Bildung, Einkaufen und Arbeitsplätze: Immer mehr Menschen wollen das Angebot einer Großstadt ohne lästiges und teures Pendeln nutzen. © bayernpress

 NÜRNBERG Brauchen wir mehr Kindergarten- und Krippenplätze oder vielleicht doch mehr Pflege- und Seniorenheime? Wie entwickelt sich das Verhältnis von Erwerbstätigen und Rentnern? Und welche Auswirkungen hat das auf die Steuerkraft?

Angesichts solcher Fragen rauft sich so mancher Bürgermeister und Gemeinderat die Haare – und würde gerne einen Blick in die Zukunft werfen. Den ermöglicht ihm jetzt das Landesamt für Statistik. Das bietet ab sofort im Internet die aktuellen demographischen Daten für alle bayerischen Gemeinden an.

Selbst für den 685-Seelen-Ort Oberickelsheim (Kreis Neustadt a. d. Aisch/Bad Windsheim). Der wird, wenn die Berechnungen der Statistiker stimmen, bis zum Jahr 2021 um 15 Seelen schrumpfen – und liegt damit ganz im Bayerntrend. Denn obwohl die Einwohnerzahl im Freistaat in den nächsten 20 Jahren nahezu konstant bleibt, sagt die neue Prognose voraus, dass bis 2029 zwei von drei Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern weiter schrumpfen werden.

Nur die Großstädte dürfen mit einem kräftigen Zuwachs rechnen

Derzeit leben rund 12,5 Millionen Menschen in Bayern. Nur die Großstädte München, Nürnberg und Augsburg dürfen in den kommenden Jahren mit einem kräftigen Zuwachs rechnen. Dabei kann sich die Franken-Metropole bis 2030 auf rund 18.000 Neubürger einstellen. Das entspräche einen Plus von knapp vier Prozent. Erfreulich dabei: Die Mischung zwischen Jung und Alt stimmt, das Durchschnittsalter steigt von derzeit 43,5 lediglich auf 45,5 Jahre an.

Das wird im Rest Frankens ganz anders sein. Aus dem Osten und Norden wandern die jüngeren Menschen ab in die Zentren Nürnberg, Fürth (+4,9 Prozent) und Erlangen (+5,1 Prozent). Teilweise wird dann in vielen fränkischen Regionen bald die 50-Jahre-Marke geknackt.

Bestes Beispiel: Fichtelberg (Kreis Bayreuth). Von heute 1938 wird die Zahl der Einwohner bis zum Jahr 2021 auf 1720 sinken. Ganz bitter dabei: Es wird ein Drittel weniger Kinder und Jugendliche geben. Ein weiteres Sorgenkind ist Selb. Die oberfränkische Porzellan-Stadt wird der Studie nach ein Fünftel der Einwohner verlieren – vor allem junge.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will diese Entwicklung stoppen: „Wir müssen vor allem im ländlichen Raum Impulse setzen, damit diese Gegenden für Menschen attraktiv bleiben.“ Mit der Ansiedlung von Arbeitsplätzen und einer verbesserten Infrastruktur, verspricht er, sollen besonders junge Leute und Familien in die Sorgen-Gebiete gelockt werden.

Und darum zieht Nürnberg alle an:

Bei der Vorstellung des Wohnungsberichts in diesen Tagen wird es sich wieder zeigen: In Nürnberg wird der Wohnraum knapp. Denn seit einigen Jahren geht der Trend wieder zurück in die Stadt. Wirtschaftsreferent Roland Fleck (CSU) freut sich darüber, dass immer mehr Menschen die Attraktivität der Großstadt schätzen. Klagten die Nürnberger Kommunalpolitiker noch vor einem Jahrzehnt über die Stadtflucht, hat sich der Trend jetzt umgedreht. Gründe dafür gibt es viele:

Das Kulturangebot macht Nürnberg attraktiv für alle Generationen. Events wie die Blaue Nacht oder das Bardentreffen machen genauso wie Clubs, Konzerte, Ausstellungen und die vielen Theater Lust auf das Leben in der Großstadt.

Benzin wird immer teurer. Das spüren vor allem Pendler. Weil sie sich das Geld für Sprit und eventuell ein zweites Auto sparen, können sie sich die höheren Kosten für Miete oder Wohneigentum in der Stadt eher leisten.

In der Stadt gibt es die attraktiveren Arbeitsplätze. Rund um die Universität und die Hochschulen entstehen viele neue, hochinteressante Jobs. Und auch die Einkaufsmöglichkeiten sind in der Nürnberger City vielfältiger als in der Region.

Weil auf dem Land weniger Kinder aufwachsen, dünnt sich das Schulangebot aus. Deshalb ziehen auch viele Familien mit Kindern wieder aus dem Umland in die Stadt. Mit der Folge, dass die Situation auf dem Land noch schlechter wird.

Die Stadtflüchtlinge werden älter. In der Großstadt finden sie ein besseres Betreuungsangebot. Ärzte und Krankenhäuser sind mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen. Auch zum Einkaufen oder für die Fahrt ins Theater braucht man kein Auto.

Wer wissen will, wie es um seine Gemeinde steht, findet den Demographie-Spiegel unter: www.statistik.bayern.de demographie

 

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