Warum durfte er nicht auf ein barrierefreies Schiff?

Albrecht Sappel ist viel unterwegs, so viel wie möglich. Er lebt in einer kleinen Wohnung im Pflegeheim der Münchner Diakonie, denn er ist halbseitig gelähmt seit einem Schlaganfall – versorgen kann er sich nicht mehr allein. „Andere Menschen zu treffen, mit denen ich mich unterhalten kann, das ist das, was mir am meisten abgeht“, sagt er. „Die meisten Bewohner sind dement, deshalb schaue ich immer, dass ich rauskomme“, sagt der 79-Jährige.
Bei einem seiner klassischen Ausflüge – mit der Bahn zum Ammersee, dann auf eines der Schiffe dort – geht es aber plötzlich nicht mehr weiter. „Ein Mitarbeiter auf der ,RMS Diessen’ hat mir gesagt, dass ich mit meinem Elektrorollstuhl nicht mitkommen kann“, erzählt Sappel. Die Begründung: „Weil ich mit dem Rollstuhl das Schiff beschädigen könnte.“
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Die ,RMS Diessen’ ist ein Schaufelrad-Dampfer der Bayerischen Seeenschifffahrt GmbH, der vor zehn Jahren barrierefrei umgebaut wurde – damit eben auch beispielsweise Rollstuhlfahrer wie Albrecht Sappel mitfahren können. So weit die Theorie.
„Ausflüge sind mein einziges Vergnügen“, sagt der Münchner, der früher in der Schleißheimer Straße eine kleine Spezialbuchhandlung betrieben hat. „Darum hat es mich ja so geärgert und tut es noch, dass ich nicht mitfahren durfte!“
Auf Sappels Brief mag das Unternehmen nicht reagieren
Er habe sich mit dem Mitarbeiter auf der RMS Diessen gestritten, erzählt er – so etwas sei ihm dort noch nie passiert. Ständig fahre er auf dem Dampfer mit, zuletzt zwei Wochen vor dem Zwischenfall. „Für mich ist das ein dicker Hund – wie soll denn ein Rollstuhl ein Schiff kaputtmachen? Deshalb habe ich denen von der Seenschifffahrt einen groben Brief geschrieben.“
Den Brief über den Vorfall im August hat das staatliche Unternehmen auch bekommen, so Markus Weisbecker, Prokurist der Seenschifffahrt. Auch mit dem Mitarbeiter habe man Rücksprache gehalten. Auf den Brief werde das Unternehmen, aber nicht reagieren.
Denn Albrecht Sappel sei „recht bekannt“ am Ammersee: „Er ist oft sehr betrunken, belästigt dann andere Fahrgäste, fährt über Füße und gegen Beine, sodass die Gäste dann Schmerzen haben“, berichtet Weisbecker. Das zumindest seien die Informationen, die seine Kollegen von den Ausflugsschiffen ihm gegeben hätten. Der Mitarbeiter wäre nicht besorgt um die Unversehrtheit des Dampfers gewesen, sondern die der anderen Gäste. „Es ist natürlich die Frage, wie das ein Mensch auffasst, der so gezeichnet ist wie Herr Sappel“, so Weisbecker. „Wir befördern jeden. Aber wir müssen unsere Gäste schützen.“
Sappel weist diese Vorwürfe entschieden zurück: „Das ist eine Unterstellung! Es hat noch nie Probleme mit mir gegeben und an dem Tag hatte ich keinen Tropfen Alkohol getrunken.“ Erst nach dem Ärger, „zwei Halbe auf den Schreck“. Eine Entschuldigung will er jetzt mehr denn je.