Warum bleiben Sex-Täter in der Familie oft unentdeckt?

Oft wollen die Mütter nicht wahrhaben, dass sich ihr Partner an den Kindern vergreift.
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Der überführte Kinderschänder Michael Z.: Fünf Jahre verging er sich an seiner Stieftochter, ohne dass es jemand merkte.
News5 Der überführte Kinderschänder Michael Z.: Fünf Jahre verging er sich an seiner Stieftochter, ohne dass es jemand merkte.

Oft wollen die Mütter nicht wahrhaben, dass sich ihr Partner an den Kindern vergreift.

NÜRNBERG Sexueller Missbrauch von Kindern – ein Alltagsdelikt für die Justiz, ein Trauma für jedes einzelne Opfer! Fast immer sind es Männer aus dem direkten Umfeld, die sich an die Kleinen heranmachen: Vater, Großvater, Nachbarn. Die Frage, die sich in vielen Fällen stellt: Was weiß das Umfeld, was die Mütter der Kinder von den Übergriffen?

Barbara Ameling (51) vom Nürnberger Kinderschutzbund hat eine Erklärung dafür, dass Missbrauchsfälle oft lange unentdeckt bleiben. Zur AZ sagte sie: „Das liegt an den Tätern selbst. Sie sind Meister der Manipulation und Täuschung. Und sie gehen systematisch und strategisch vor.“ Zum einen setzen sie die Kinder unter Druck, bringen sie mit wilden Drohungen zum Schweigen. Zum anderen tragen sie ihre Partnerinnen, die Mütter der Opfer, auf Händen. Ameling: „Sie zeigen sich von ihrer charmanten und liebevollen Seite und kümmern sich um die Belange der Familie. In Wirklichkeit nutzen sie das Vertrauen aus.“

"Mütter reden sich oft selbst was ein"

Mitarbeiter in der Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft, bei der alle Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder zusammenlaufen, gehen einen Schritt weiter: „Oft wollen Mütter nicht wahrhaben, dass ihr Partner die Kinder missbraucht. Sie schauen weg, beschönigen Sachverhalte, reden sich selbst etwas ein.“

Der Grund für dieses Verhalten ist nach Einschätzung erfahrener Ermittler oft ganz banal: „Es ist die emotionale und wirtschaftliche Abhängigkeit vom männlichen Partner. Ein Ermittlungsverfahren, vielleicht auch noch eine Gefängnisstrafe – und alles ist aus“, sagt ein Staatsanwalt.

Zwei Fälle machen die Problematik deutlich

Am Dienstag stand Michael Z. (31) vor Gericht. Fünf Jahre missbrauchte er seine minderjährige Stieftochter. Die Mutter des Mädchens bekam die ganze Zeit nichts mit, fiel aus allen Wolken, als sie durch Zufall davon erfuhr. In ihren Augen führten sie und ihr Mann eine ganz normale Beziehung. Sie zögerte trotzdem keine Sekunde, erstattete Anzeige.

Ganz anders sieht es bei diesem Fall aus: Gegen Wolfgang H. (79!) läuft ein Strafverfahren. Er soll sich an seinen beiden Enkeltöchtern vergangen haben. Laut Anklage wusste darüber auch seine Frau Bescheid. Sie saß mindestens einmal direkt neben ihm im gleichen Zimmer, als er sich an einem der beiden Mädchen vergriff. Ihr war es anscheinend völlig egal.

Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus

Experten gehen von einer riesigen Dunkelziffer aus. Kinder sind vielfach so eingeschüchtert, dass sie sich niemandem anvertrauen. Anzeichen für sexuelle Gewalt – wenn sich das Wesen des Kindes schlagartig verändert, es sich zurückzieht, aggressiv wird, Angstzustände bekommt – werden leider viel zu oft falsch bewertet.

Deshalb kommt es nach Überzeugung von Sozialpädagogin Barbara Ameling auf die Aufmerksamkeit der Erwachsenen an: „Jeder, der den Verdacht hat, dass ein Kind missbraucht wurde, sollte sich sofort und als erstes an Fachleute wenden.“Marlina Pfefferer

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